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 Moderiert von: Irdorath, statixx, Teh Wizard of Aiz


 Thema: Geschichte & Politik XI ( événement, moyenne durée, longue durée )
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NTGhost

AUP Netghost 26.11.2007
 
Zitat von Shooter

Ich bin ja immer wieder erstaunt, dass die damals überhaupt eine Art Taktik aufrecht erhalten konnten Breites Grinsen


Du würdest dich wundern. Was meinst du wie sachen die Lange Pieke und Langes Schwert überhaupt auf dem Schlachtfeld genutzt werden konnten. Planlose Keilerei gab es mit Sicherheit aber das Meiste war schon recht organisiert.
Du willst nicht nur mit Langem Schwert gegen einen Rabenschnabel antreten.
19.10.2015 18:19:39  Zum letzten Beitrag
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-Delta-

AUP Delta 06.10.2019
Es gab sicherlich oft planlose Keilerei, aber genau deshalb hat die Seite mit den besser organisierten und disziplinierteren Einheiten ja meist gewonnen, um es mal salopp zu sagen.
19.10.2015 18:42:02  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Dauert noch. Ich muss erstmal noch Panzer schieben, weil heute spontan Kinderkrankenbetreuung anfiel.
19.10.2015 20:52:53  Zum letzten Beitrag
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NTGhost

AUP Netghost 26.11.2007
 
Zitat von [Amateur]Cain

Dauert noch. Ich muss erstmal noch Panzer schieben, weil heute spontan Kinderkrankenbetreuung anfiel.


Kann man dir dabei helfen? peinlich/erstaunt Ah fuck, kein Auto um nach Munster zu kommen...traurig
19.10.2015 21:03:57  Zum letzten Beitrag
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Penismax

AUP Penismax 10.08.2017
In der Zwischenzeit



Hoppla. Ich hab ne Frage. Dieses Buch habe ich vor 3 Jahren mal einen Tag lang lesen dürfen, das hatte mir damals mal jemand für kurzen Zeitvertreib geliehen.

Kennt jemand dieses Buch und weiß wie der Titel ist? Zufällig? Das war nämlich sehr anschaulich zusammengefasst.
Irgendwas mit Militärgeschichte Breites Grinsen
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von Penismax am 19.10.2015 21:41]
19.10.2015 21:38:02  Zum letzten Beitrag
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DeathCobra

AUP DeathCobra 24.06.2021
Die Ursprünge: Ritter, Söldner, Soldat - Militärgeschichte bis zur Französischen Revolution 1789 von Matthias Rogg

Also steht im Prinzip da ganz oben rechts, aber ich helfe ja gerne peinlich/erstaunt
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von DeathCobra am 19.10.2015 22:33]
19.10.2015 22:32:45  Zum letzten Beitrag
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[Indiana Jones]

tf2_medic.png
 
Zitat von DeathCobra

Die Ursprünge: Ritter, Söldner, Soldat - Militärgeschichte bis zur Französischen Revolution 1789 von Matthias Rogg

Also steht im Prinzip da ganz oben rechts, aber ich helfe ja gerne peinlich/erstaunt



Du Fuchs! Breites Grinsen
19.10.2015 22:33:32  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Idioten. Breites Grinsen
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von [Amateur]Cain am 19.10.2015 22:55]
19.10.2015 22:53:40  Zum letzten Beitrag
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DeathCobra

AUP DeathCobra 24.06.2021
Das ist der erste Treffer bei Google!
19.10.2015 22:54:42  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Die Spinner von Amazon. Bei der verlinkten Ausgabe von 2009, die sich nicht signifikant (wenn überhaupt) von der Erstausgabe unterscheidet, haben sie die Rezensionen der alten Ausgaben nicht verlinkt. Also auch meine nicht. SKANDAL! Wütend
19.10.2015 23:02:03  Zum letzten Beitrag
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Penismax

AUP Penismax 10.08.2017
Danke Cain Breites Grinsen
20.10.2015 7:40:58  Zum letzten Beitrag
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El_Hefe

El_Hefe
Kennt eigentlich jemand Dan Carlins "Hardcore History" Podcast? Ist ein US-Journalist der sich in seinem Podcast (militär-)historischen Themen widmet, so wie aktuell 6 Folgen a 3 Stunden zum 1. Weltkrieg.

Für meine amateurhaften Ohren macht er das sehr gut, und er erzählt einfach Klasse. Die aktuellen Teile gibt's umsonst und die Alten kosten irgendwas mit 2 Dollar pro Folge, sind also sehr günstig.

Kennt das sonst noch jemand, gibt's da Meinungen zu? Vermutlich ist das nicht Cain-approved aber ich mags <3
20.10.2015 8:57:57  Zum letzten Beitrag
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Fragment

AUP Fragment 02.02.2014
...
 
Zitat von [Amateur]Cain

Das ist ein simplifizierendes und zynisches Nullsummenspiel. Natürlich ist Religion nur einer von vielen Faktoren, wenn es um Gewalt geht - aber es IST eben einer.

Um das konkret mal zu verdeutlichen: Ohne Religion hätte es die Toten in Paris nicht gegeben. Die Attentäter, die die Taten begangen haben, wären vermutlich auch in einer religionsfreien Welt anfällig für Ideologien gewesen, natürlich. Aber wenn bspw. die beiden Syrer (ist das noch aktuell?) dem arabischen Nationalismus oder dem internationalistischen Sozialismus angeschlossen hätten, um ihre Identität zu finden, dann hätten sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihrem politischen Willen (sogar wenn er gewalttätig geworden wäre) nicht in der Form umgesetzt, wie es nun passiert ist - denn das Versprechen, mit dem Tod jenseitige Glückseligkeit zu finden, hätte gefehlt. Der Panarabismus und der Sozialismus sind dezidiert diesseitige Ideologien, deswegen bringen beide Ideologien keine Selbstmordattentäter hervor. Natürlich können Sachen wie die Entführung der Landshut schlecht ausgehen, aber das ist dann Berufsrisiko, nichts angestrebtes. Wenn das jenseitige Glück nicht als Lohn winkt, wird man vorsichtiger. Natürlich, so wird das Gegenargument richtig kommen, kann auch der Panarabist oder der Sozialist, bspw. Bomben legen. Völlig korrekt, aber das ist a) komplizierter und damit weniger gefährlich als diese Mumbai-Runs und b) ist es unerheblich: Das Streichen des Gruppenamoklaufes in Ballungsgebieten als Option würde die Welt schon dadurch besser machen, dass diese Gruppenamokläufe in Ballungsgebieten nicht mehr passieren würde. So simpel.

Darüber hinaus muss man vorsichtig sein, unsere postmoderne, konstruktivistische, westliche Weltsicht an alle Zeiten und Räume anzulegen. Natürlich gab es auch Konflikte, die nur wegen der Religion abgespult wurde, denn früher und/oder anderswo glauben/glaubten die Menschen anders - intensiver, konkreter, handlungsimmanenter. Die Kreuzzüge sind ein prima Beispiel dafür: Natürlich hatte der Zug ins Heilige Land auch etwas mit der Option auf Landnahme zu tun; er hatte zudem ganz konkret etwas mit der (Wieder)Offenhaltung von Handelsrouten zu tun. Der Betriebsstoff war allerdings der Glaube der Teilnehmer. Ohne die religiös unterfütterte Sonderstellung des Heiligen Landes und ohne die Aussicht auf Vergebung der Sünden wäre es den europäischen Gewaltprofis aller Stände herzlichst egal gewesen, was da passiert. Die sind nicht losgezogen, um Kolonien zu gründen, und auch die Aussicht auf Beute war etwas, das konkreter Anreiz gerade für nachgeborene Niederadelige war, aber das konnte ein fähiger Gewaltpraktiker auch in Europa einfahren. Nein, die einfache Wahrheit ist: Der Kreuzzug wurde durchgeführt, weil seine Teilnehmer geglaubt haben, das Gott das so will. Das wäre ohne Religion nicht passiert.

Wie gesagt, Religion ist nur ein Faktor der riesigen Gleichung, die Gewalt hervorbringt, klar. Aber die Logik, dass die Welt immer Kacke sein wird, und die Gründe daher wumpe sind, ist auch Kinderkram. Die Menschheit hat in den letzten 30.000 Jahren die Gewalt immer weiter zurückgedrängt und eingehegt - kontraintuitiv, ich weiß, aber die Chance für den einzelnen, durch Gewalt zu sterben, sind im genozidalen 20. Jahrhundert nur etwas 5-10% so hoch gewesen wie in der Steinzeit. Und es gab in der Geschichte immer extrem lange Phase wunderbaren Friedens, in der Generation um Generation von Bürgern ohne Angst vor Krieg leben konnte. Die Pax Romana war schlecht für die Nachbarn, aber gut für die Bürger: und die indischen, meso- und südamerikanischen und chinesischen Großreiche konnten ebenfalls diesen inneren Frieden für Millionen von Bürgern bereitstellen. Sie haben das erreicht, indem sie erbarmungslos Krieg geführt haben, bis ihr Binnengebiet befriedet war - aber danach haben sie Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte flächendeckenden Friedens sichergestellt. Europa ist auch so ein Fall: Jahrhundertelang hatten wir 2 von 3 Jahren einen Krieg in Europa, dann haben wir's fast ein halbes Jahrhundert durchgehalten, bis es an der Peripherie angefangen hat, wieder zu brennen. Diese Aspekte machen mich optimistisch: Das akkumulierte Wissen über Kriegs- und Friedensprozesse, die entstehende Globalgesellschaft und der langfristige Trend zur Gewaltreduktion - es deutet alles darauf hin, dass wir irgendwann keine Pax Romana, sondern eine Pax Mundae haben könnten, auch wenn das sicher noch ein paar Hundert Jahre dauern kann. Aber erreichen können wir sie nur, wenn wir alles Faktoren dahingehen zügeln. dass sie keine Gründe für Gewalt mehr darstellen. Und das gilt eben für materielle Faktoren ebenso wie für spirituelle.



Zum Selbstmordattentat: Du hast Recht, dass die persönliche Belohnung in einer Nachwelt nach dem Tod religionsexklusiv ist. Allerdings ist die Feststellung, dass Selbstmordattentate nicht durch weltliche Ideologien produziert werden könnten falsch. Dazu gibt es viele Beispiele der Geschichte, in der z.B. die Nation sakral aufgeladen wird und das eigene Leben entwertet wird und zur Opfergabe für den höheren Zweck wird. Ein Karl Ludwig Sand sticht sich nach dem Attentat auf August von Kotzebue den Dolch in die Brust, die Attentäter um Gavrilo Princip versuchten sich (mehr oder weniger erfolgreich) nach der Tat umzubringen. Die persönliche Opferbereitschaft im Dienst einer höheren Entität manifestiert sich auch in Sprüchen wie: "Deutschland muss leben, auch wenn wir sterben müssen" oder in den Kamikaze-Flügen japanischer Soldaten, die angesichts der Aussichtslosigkeit ihrer Tat auch den vermeintlichen Fortbestand des japanischen Reichs als Erlösungsmotiv eingetrichtert bekamen.

Dass Menschen also ein Attentat/einen Terrorakt vollbringen mit dem Wissen bei der Ausführung zu sterben ist auch ein zutiefst weltliches Merkmal.


Zu den Kreuzzügen: dieses berühmte "deus vult" hat Urban II. in der Form wohl nie so gesagt, ist allerdings in der Chronik Robert des Mönchs drin und wurde dadurch erst rezipiert. Der Kreuzzugsgedanke ist ein recht komplexes Thema, allein schon weil im ersten Kreuzzug noch garkein Wort existiert um die zu beschreiben. Bewaffnete Wallfahrt trifft es ganz gut.

Zum zunehmenden Frieden: worauf fußt dein Glauben an diese Friedensteleologie? Der Vergleich mit der Steinzeit ist etwas unfair, da gewaltsame Tode auch gerne mal durch Wildtiere ausgelöst werden konnten, aber es ist schon etwas komisch (im nicht komischen Sinn), dass du bei einer Zeitspanne von 30.000 Jahren 70 Jahre nach der numerisch größten Tragödie der Menschheit, in der 6 Mio. Menschen industriell ermordet wurden, davon sprichst, dass sich unser Zeitalter zunehmende friedlicher wird (Long Peace und so).
15.11.2015 13:45:33  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
 
Zitat von Fragment

Zum zunehmenden Frieden: worauf fußt dein Glauben an diese Friedensteleologie? Der Vergleich mit der Steinzeit ist etwas unfair, da gewaltsame Tode auch gerne mal durch Wildtiere ausgelöst werden konnten, aber es ist schon etwas komisch (im nicht komischen Sinn), dass du bei einer Zeitspanne von 30.000 Jahren 70 Jahre nach der numerisch größten Tragödie der Menschheit, in der 6 Mio. Menschen industriell ermordet wurden, davon sprichst, dass sich unser Zeitalter zunehmende friedlicher wird (Long Peace und so).


http://www.fallen.io/ww2/
https://www.ted.com/talks/steven_pinker_on_the_myth_of_violence

Ich glaube, davon spricht er. Und ich unterschreibe das voll.

Please state the nature of the medical emergency. - I have a date.
15.11.2015 13:51:33  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
 
Zitat von Fragment

Dass Menschen also ein Attentat/einen Terrorakt vollbringen mit dem Wissen bei der Ausführung zu sterben ist auch ein zutiefst weltliches Merkmal.



Das bestreite ich weiterhin. Weltliche Motivationen können natürlich einen derart glühenden Enthusiasmus erzeugen, dass der eigene Tod billigend in Kauf genommen, um für andere eine bessere Welt zu hinterlassen. Diese Konstruktion bringt aber eben offenkundig nicht einen Bruchteil der Zahl von Selbstmordattentätern hervor wie Religionen, die dem Märtyrer ein ewiges Heil als Belohnung versprechen.

Und gerade bei den gebrachten Beispielen wird's ja auch schwierig: Princip war eh sterbenskrank, wenn ich mich richtig erinnere - das relativiert den Suizidversuch dann arg. Über Sand weiß ich nichts, aber die Kamikaze sind auch wieder kein so lupenreines Beispiel: Der Shintoismus bot vielen von ihnen einen besonderen jenseitigen Status durch die Schreinverehrung der Seelen gefallener Helden, und die Göttlichkeit des Kaisers war eine weiteres religiöses Pfund, dass in die Gleichung eingespeist wurde.

Auch wenn alle Beispiele funktionierten, oder du jetzt noch ein halbes Dutzend noch besserer fändest: Offenkundig gibt es einen qualitativen Unterschied der wenigen diesseitig motivierten Suizidattentätern und den Legionen von Sprengstoffgürtelträgern.

 
Zitat von Fragment

Zu den Kreuzzügen: dieses berühmte "deus vult" hat Urban II. in der Form wohl nie so gesagt, ist allerdings in der Chronik Robert des Mönchs drin und wurde dadurch erst rezipiert. Der Kreuzzugsgedanke ist ein recht komplexes Thema, allein schon weil im ersten Kreuzzug noch garkein Wort existiert um die zu beschreiben. Bewaffnete Wallfahrt trifft es ganz gut.



Klar, dass die besten Zitate oft falsch sind, ist ja eine Binse. Dennoch ändert das (und auch die Nomenklatur der Unternehmung) nix an meiner Kernaussage, dass die innnere, religiöse MOtivation der Teilnehmer sine qua non für die ganze Operation war.

 
Zitat von Fragment

Zum zunehmenden Frieden: worauf fußt dein Glauben an diese Friedensteleologie? Der Vergleich mit der Steinzeit ist etwas unfair, da gewaltsame Tode auch gerne mal durch Wildtiere ausgelöst werden konnten, aber es ist schon etwas komisch (im nicht komischen Sinn), dass du bei einer Zeitspanne von 30.000 Jahren 70 Jahre nach der numerisch größten Tragödie der Menschheit, in der 6 Mio. Menschen industriell ermordet wurden, davon sprichst, dass sich unser Zeitalter zunehmende friedlicher wird (Long Peace und so).



Die Idee, dass der Anteil gewaltsamer Tode relativ gesehen abgenommen hat, beruht auf der Kombination von Archäologie, Ethnologie und Statistik. Die Nummer ging in den 1960ern langsam los und hat sich mittlerweile zu einer Mainstream-Idee gemausert, die, soweit ich das überblicke, keine ernsthaften Herausforderer hat.

Im 20. Jahrhundert sind, wenn man die jeweils größten Schätzungen akkumuliert, ungefähr 200 Millionen Menschen gewaltsam zu Tode gebracht worden. Unglaubliche Zahl, im Wortsinne. Allerdings haben im 20. Jahrundert auch ca. 10 Milliarden Menschen ihre Leben gelebt, was zum Ergebnis führt, dass nur ca. 2% der Toten menschlicher Gewalt zum Opfer gefallen sind.

Die archäologischen Befunde für die Vorgeschichte zeigen über Jahrzehntausende hinweg den ebenso überraschend stabilen wie deprimierenden Befund, dass ca. 10-20% der Menschen durch die Hand anderer Menschen starben. Dabei werden nur die Funde gewertet, die so eindeutig sind, wie es der Archäologie möglich ist - nicht jeder Schädel mit einer Delle drin ist "menschliche Gewalt", es müssen Rahmenumstände stimmen oder die Wunden müssen spezifisch sein (Pfeilspuren am Knochen). Wenn man nun zugrundelegt, dass ohnehin nur die gewaltsamen Tode belegbar sind, die am Skelett beobachtbar sind, und unzähliche Speerstiche eben nur die Eingweide verletzt oder Arterien durchtrennt haben, kommt man auf ein plausibles Gegengewicht möglicherweise eben doch falsch interpretierten Funden. (Die Pfeilspur köööönte ja auch ein Jagdunfall gewesen sein.)

Setzt man dann später die Totenzahlen eines Krieges in Relation zur jeweiligen Weltbevölkerung, wird wiederum deutlich, dass diese Form der Gewalt in der Antike und im Mittelalter weit höhere Opferzahlen am der Gesamtheit der Menschen gefordert hat, als das in der Neuzeit der Fall war. Das gilt auch für Genozide. Natürlich sind und bleiben 6 Millionen absolut gesehen eine unfassbare Zahl, aber wenn die Assyrer in einer fast leeren Welt losgehen und eine Stadt mit 30.000 Menschen mit Stumpf und Stiel ausrotten und dabei in Handarbeit Männer, Frauen, Kinder, Alte und Haus- und Nutztiere umbringen, dann ist das in Relation eben auch nicht so weit weg davon.

Langewiesche hat das ganz übersichtlich in Baberowksis "Moderne Zeiten" zusammengefasst. Das bekanntest Buch zu dem Thema ist aber in der Tat Pinkers "Gewalt", grad ist auch Ian Morris "War" ganz hip. Azar Gat hat das in seinem "War in Human Civilization" auch durchdekliniert.
16.11.2015 11:16:41  Zum letzten Beitrag
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Chef

Chef
 
Zitat von El_Hefe

Kennt eigentlich jemand Dan Carlins "Hardcore History" Podcast? Ist ein US-Journalist der sich in seinem Podcast (militär-)historischen Themen widmet, so wie aktuell 6 Folgen a 3 Stunden zum 1. Weltkrieg.

Für meine amateurhaften Ohren macht er das sehr gut, und er erzählt einfach Klasse. Die aktuellen Teile gibt's umsonst und die Alten kosten irgendwas mit 2 Dollar pro Folge, sind also sehr günstig.

Kennt das sonst noch jemand, gibt's da Meinungen zu? Vermutlich ist das nicht Cain-approved aber ich mags <3




Ich streite mich mit meinen Mithistorikern gelegentlich über den. Die Hauptkritik ist, dass er den Forschungsstand nicht wirklich überblickt und nicht repräsentativ wiedergibt, sondern stets so dass es in sein Narrativ passt und natürlich Sachverhalte verkürzt. Er hat erklärtermaßen einen Militärfimmel und mich persönlich stört am meisten, dass er ständig darauf besteht, im Hörer die Frage zu befeuern "wie würdest DU dich an dieser Stelle verhalten/fühlen/entscheiden". Das ist, sagen wir, in der Academia gerade keine Fragestellung, die besonders en vogue ist und sie wird regelrecht bizarr, je weiter in die Vergangenheit wir vorrücken. Ich verteidige Carlin in der Regel trotzdem, weil er, so weit populärhistorische Aufarbeitungen in nicht-gedruckter Form gehen, eine ziemlich gute Leistung abliefert. In Einzelfällen sind seine historiographischen Ausführungen sogar besser auf den Punkt Einzelfälle, die man gelegentlich in der Fachliteratur findet. Er hat ein Händchen dafür, die Dilemmata der Geschichtsschreibung so abzubilden, dass sie der Hörer versteht und versucht immerhin, Geschichte nicht als lineare, konsekutive Ereignisgeschichte zu erzählen, sondern als der "Work in Progress" die sie ist. Ich würde Carlin den meisten Aufarbeitungen der Populärmedien vorziehen, verstehe aber auch die Leute, die das anders sehen.
16.11.2015 11:53:26  Zum letzten Beitrag
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Fragment

AUP Fragment 02.02.2014
...
 
Zitat von [Amateur]Cain


Das bestreite ich weiterhin. Weltliche Motivationen können natürlich einen derart glühenden Enthusiasmus erzeugen, dass der eigene Tod billigend in Kauf genommen, um für andere eine bessere Welt zu hinterlassen. Diese Konstruktion bringt aber eben offenkundig nicht einen Bruchteil der Zahl von Selbstmordattentätern hervor wie Religionen, die dem Märtyrer ein ewiges Heil als Belohnung versprechen.

Und gerade bei den gebrachten Beispielen wird's ja auch schwierig: Princip war eh sterbenskrank, wenn ich mich richtig erinnere - das relativiert den Suizidversuch dann arg. Über Sand weiß ich nichts, aber die Kamikaze sind auch wieder kein so lupenreines Beispiel: Der Shintoismus bot vielen von ihnen einen besonderen jenseitigen Status durch die Schreinverehrung der Seelen gefallener Helden, und die Göttlichkeit des Kaisers war eine weiteres religiöses Pfund, dass in die Gleichung eingespeist wurde.

Auch wenn alle Beispiele funktionierten, oder du jetzt noch ein halbes Dutzend noch besserer fändest: Offenkundig gibt es einen qualitativen Unterschied der wenigen diesseitig motivierten Suizidattentätern und den Legionen von Sprengstoffgürtelträgern.



Die Long Peace Sache nehme ich mal so mit auf, habe von Vorgeschichte nicht so viel Ahnung. Bei den anderen Punkten muss ich weiterhin widersprechen.

Einerseits sagst du es wäre ein qualitativer Unterschied zwischen religiösen und weltlichen Motivationen um dann auf einen quantitativen Aspekt als Beleg zu verweisen, das funktioniert von der Logik her so nicht, ich werde trotzdem versuchen deine Argument aufzudröseln.

Zur Definition des Selbstmordattentats: Ich abstrahiere hier einfach weiter: wer im Glauben für etwas Größeres, eine das eigene Leben überdauernde Struktur oder Idee bereit zu sterben ist, vollführt die gleiche Tat, egal ob Nation, Sozialismus oder Religion dahintersteht.

Du rekurrierst auf den modernen Sprengstoffanschlag mit eigener Todesfolge um das Argument zu untermauern, dass religiöse Gewalt eine andere Qualität hätte. Du wirst hier vielleicht widersprechen wollen, aber im Umkehrschluss heißt das, dass religiöser Fanatismus zwangsläufig zu radikalerer Selbstaufgabe führt (qualitativer Unterschied) und Selbstopferung historisch öfter vorkommen müsste (quantitativer Unterschied. Die Quellen des 1. Kreuzzuges, den du angesprochen hast, geben dazu aber nichts her. Das gleiche gilt für den verheerendsten Krieg Mitteleuropas, den 30-jährigen Krieg, der zwar auf allen Ebenen ein konfessionell durchdrungener Konflikt war, die Söldnerheere mit größter Brutalität vorgingen, dies aber mehr geschäftsmäßig als religiös fanatisiert taten.

Meine These ist, dass das Sprengstoffattentat, bei dem der Attentäter mit Ausführung unweigerlich das Leben verliert lediglich deshalb modus operandi islamischer Gruppen ist, da er als Methode nach dem Maximalprinzip (begrenzte Ressourcen, größtmögliche Wirkung) ein effektives Kampfmittel ist. Warum eine Kommandogruppe eine Stellung angreifen lassen, wenn man auch einen radikalisierten Almany mit einem sprengstoffbeladenen LKW in den Checkpoint rasen lassen kann. Es ist also mehr Ausdruck realpolitischer Begebenheiten (technische Entwicklung, Art der Kriegsführung) als religiöses Alleinstellungsmerkmal.

Dein Distinktionsmerkmal ist vielleicht, dass ein Sprengstoffattentat zwangsläufig auch mit der Ausführung auch den Angreifer tötet und nicht zeitlich sequentiell abläuft wie bei Sand (Kotzebue erstechen -> die Wahl haben sich selbst zu töten oder nicht). Ich muss das auf zwei Ebenen zurückweisen:
1. In dem Moment als Sand den Entschluss gefasst hat Kotzebue umzubringen, war klar, dass er einen gewaltsamen Tod nehmen würde. Entweder durch seine eigene Hand oder durch ein offizielles Gericht. Gleichzeitig sah er sich als Märtyrer für die Sache und hatte auch schon ein Pamphlet mitgebracht, in dem er sich posthum erklären wollte (Todesstoß dem August von Kotzebue), also schon ein sehr modernes Attentat mit kommunikativer Wirkung, die darüber die Herrschaftsordnung desabilisieren sollte. Dazu auch Hagen Schulze: "Auch jetzt schuldete jedermann dem Souverän Loyalität, aber der Souverän war nicht mehr der Herrscher, sondern eine gesichtslose Gemeinschaft, das in der Nation zusammengefaßte Volk. Die Loyalitätspflicht der Nation gegenüber bestand nicht mehr in einer Rechtsbeziehung, sondern in einem letztbegründeten Prinzip, das lebenslang, total und unerbittlich galt und sakrale Züge trug. Nicht zufällig entspricht das Gegensatzpaar 'treuer Deutscher' und 'Verräter' dem des 'gläubigen Christen' und des 'Ketzers' und die massiven religiösen Konnotationen der nationalen Symbolik bestätigen den Befund: die Idee der Nation schickte sich an, zur säkularen Religion des neuen Zeitalters aufzusteigen" (Hagen Schulze: Sand, Kotzebue und das Blut des Verräters 1819, in: Alexander Demandt (Hrsg.): Das Attentat in der Geschichte. Köln/Weimar/Wien 1996, S. 215-232, hier: 226.)
2. Der Umgang mit Sprengstoff und einfach herzustellenden elektrischen Zündern ist nunmal eine Entwicklung des 20. Jahrhundert, daher ist deine Definition von Selbstmordattentat stark an das 20. und 21. Jahrhundert gebunden und wenig aussagekräftig (s.o. meine Definition, die sich auf die Bereitschaft sein Leben zu geben stützt und nicht auf die Ausführungsform).

Kurz zu Princip: er war zwar ein kränklicher Typ, starb allerdings erst in Haft 1918 an Tuberkulose.

Hier Übrigens noch ein paar Beispiele weltlicher Selbstmordanschläge: Anschlag auf Zar Alexander II. 1881 durch I.I. Hriniewicki, Nobilings Attentat auf Wilhelm I. oder der Anschlag der Japanischen Roten Armee auf den Flughafen Lod.
* edit: Klassiker der preußischen Nationallegenden vergessen: Pionier Klinke.

Wir können jetzt natürlich noch darüber diskutieren warum es nach dem 2. Weltkrieg numerisch mehr Anschläge auf das einfache Volk gibt. Zum einen liegt es wohl an den außerordentlich hohen Sicherheitsvorkehrungen für heutige Staatschefs, die Attentate wie auf McKinley 1901 unmöglich machen, zum anderen ist der Angriff auf zivile Ziele ein Angriff auf den Staat im erweiterten Sinn. Eine der Kernkompetenzen des modernen Staates ist die innere Sicherheit und genau hier soll der angegriffene Staat bloßgestellt werden. Dazu kommt die starke kommunikative Wirkung der weltweit verbreiteten Horrorbilder, die für eine Überhöhung der eigenen Gruppe sorgt (Maximalprinzip) und genutzt werden kann um neue Mitglieder anzuwerben.
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von Fragment am 16.11.2015 15:04]
16.11.2015 14:39:22  Zum letzten Beitrag
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NotOnTour

Deutscher BF
 
Zitat von Fragment

Hier Übrigens noch ein paar Beispiele weltlicher Selbstmordanschläge: Anschlag auf Zar Alexander II. 1881 durch I.I. Hriniewicki, Nobilings Attentat auf Wilhelm I. oder der Anschlag der Japanischen Roten Armee auf den Flughafen Lod.
* edit: Klassiker der preußischen Nationallegenden vergessen: Pionier Klinke.



Tamil Tigers nicht vergessen, die waren damit relativ "erfolgreich".

Ansonsten ein kleiner Literaturtipp:
http://www.ir.rochelleterman.com/sites/default/files/pape%202003.pdf
16.11.2015 15:28:32  Zum letzten Beitrag
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M@buse

AUP M@buse 22.12.2015
Pfeil
http://www.zeit.de/2015/45/bevoelkerungsentwicklung-einwanderung-buergerkrieg-fluechtlinge-maenner/komplettansicht

fand ich interessant zu lesen.
22.11.2015 4:49:21  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
 
Zitat von Fragment


Einerseits sagst du es wäre ein qualitativer Unterschied zwischen religiösen und weltlichen Motivationen um dann auf einen quantitativen Aspekt als Beleg zu verweisen, das funktioniert von der Logik her so nicht, ich werde trotzdem versuchen deine Argument aufzudröseln.

Zur Definition des Selbstmordattentats: Ich abstrahiere hier einfach weiter: wer im Glauben für etwas Größeres, eine das eigene Leben überdauernde Struktur oder Idee bereit zu sterben ist, vollführt die gleiche Tat, egal ob Nation, Sozialismus oder Religion dahintersteht.

[...]

Meine These ist, dass das Sprengstoffattentat, bei dem der Attentäter mit Ausführung unweigerlich das Leben verliert lediglich deshalb modus operandi islamischer Gruppen ist, da er als Methode nach dem Maximalprinzip (begrenzte Ressourcen, größtmögliche Wirkung) ein effektives Kampfmittel ist. Warum eine Kommandogruppe eine Stellung angreifen lassen, wenn man auch einen radikalisierten Almany mit einem sprengstoffbeladenen LKW in den Checkpoint rasen lassen kann. Es ist also mehr Ausdruck realpolitischer Begebenheiten (technische Entwicklung, Art der Kriegsführung) als religiöses Alleinstellungsmerkmal.





Den qualitativen Unterschied mit quantitativen Mitteln zu belegen, "funktioniert so" sehr wohl, denn ich habe die gegenseitige Exklusivität ja ausschließlich nicht angenommen.

Beide Motivationen können ihre Anhänger grundsätzlich und abstrahiert bis zum Selbstmordattentat (davon ausgehend, dass es die Extremform einer Eskalation von Gewaltformen ist) treiben. Das habe ich ausdrücklich selbst gesagt.

Aber wenn man dann konkretisiert sieht
- dass die religiöse Motivation über einen kurzen Zeitraum von einem Jahrzehnt hunderte solcher Attentate manifestiert hat und die weltliche nur vereinzelte (oder gar keine?)
- dass die religiöse Motivation über einen langen Zeitraum von einem Jahrhunder tausende solche Attentate manifestiert hat und die weltliche einige Dutzend
dann ist das ein quantitativ derart deutlicher Unterschied, dass er einen qualitativen Unterschied begründet.

Der Sprengstoffgürtel war dabei nur eine Sprachform; die Diskussion ging ja mit Paris los, und das fällt ja eher in die Kategorie der Gun Runs wie Mumbai. Und dieses Mittel haben auch alle weltlichen Gruppen zur Verfügung. Wenn also nur das Maximalprinzip das Movens für Selbstmordattentate ist, warum werden sie dann von den vielen säkularen Gruppen auf diesem Planeten de facto nicht verwendet? Ein paar Personen, eine Kiste voller AKs und einige Säcke Munition sind heute ohne Probleme zu bekommen. Sogar der Sprengstoffgürtel ist keine so komplexe Angelegenheit, auch den bekommt dank Internet jede weltliche Gruppe hin. Die Art der Kriegführung ist nun lang und allseitig bekannt, auch technische Entwicklungen sind Allgemeingut.

Warum gibt es also nicht viel mehr weltliche Attentate, die in ihrer Planung den Tod ihrer Ausführenden als sicher einplanen? Wenn alle diesseitigen Aspekte (glühende Motivation, feste Überzeugung, Verfügbarkeit von Waffen, angreifbare Ziele) bei weltlichen und religiösen Motivationen gleich sind, aber statistisch de facto nur die religiöse Motivation diese Faktoren in Angriffe bündelt, die den Tod der Ausführenden als sicher einplanen, dann muss der Unterschied im jenseitigen Heilsversprechen liegen.

Dein "Maximalprinzip" ist für weltliche Gruppen abstrakt genau so attraktiv wie für religiös motivierte Gruppen - aber die konkrete Umsetzung in einer Form, die den sicheren Tod der Ausführenden einplant, ist für weltliche Gruppen keine Option, wie die Statistik zeigt. Das fehlende jenseitige Heilsversprechen macht den eigenen Tod für potentielle, weltlich Ausführende im Regelfall unattraktiv, egal wie glühend ihre Motivation ist. Das gegebene jenseitige Heilsversprechen hingegen macht den eigenen Tod im Rahmen der eigenen, glühenden Motivation für religiös motivierte Ausführende hingegen durchaus attraktiv. Das Resultat sind hunderte und tausende solcher Attentate durch religiös motivierte Täter, aber eine verschwindend geringe Zahl durch weltlich motivierte Täter.


Edits: ALTER. Solche Themen nicht vor 7 Uhr morgens diskutieren. Breites Grinsen
[Dieser Beitrag wurde 4 mal editiert; zum letzten Mal von [Amateur]Cain am 22.11.2015 6:55]
22.11.2015 6:39:03  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Ich finde es immer noch schwer, hier einen quantitativen Unterschied zu einem qualitativen zu machen. Nicht, dass ich da nicht auch geneigt zu wäre, aber das ist dann nicht weit von dem Schluss, dass es etwas inheränt islamisches ist... ...außer ich übersehe in den letzten hundert Jahren gerade derbe was.peinlich/erstaunt
Da finde ich es plausibler, es einer derzeit vorherrschenden Vermengung von Kultur, Geschichte, Politik und Religion zu sehen, die sich da ein durch die Technik erleichtertes Mem gegriffen hat.

Dazu kommt, dass ich postulieren würde, dass wir uns erst am Beginn einer säkularisierten Weltgeschichte befinden und damit natürlich die Religionen schlechter darstehen müssen. Das Religiöse im Menschen ist nunmal nachweislich eine der frühesten kulturellen Erscheinungen.

Wäre es damit nicht auch sinnvoll, das vielleicht einfach als ein Aufbäumen zu interpretieren, denn etwas, was vorher schon da war?

The mature approach was SOLID. What was plan B? - Torture Barbie until my demands were met.
22.11.2015 12:01:30  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
Ich denke schon, dass es Unterschiede zwischen weltlichen und religiösen "Selbstmordattacken" gibt. Natürlich verschwimmen praktisch die Grenzen, weil nationalistischer Wahn, der oft als Motiv zugrunde liegt, tatsächlich irrational religiöse Züge annehmen kann (Japan, Tamilen fallen mir da spontan ein).

Der qualitatve Unterschied ist aber der, dass m.E. bei weltlichen Motiven die Selbstopferung eigentlich eher eine taktische und rational abwägende Überlegung zugrunde liegt. Der eigene Tod ist wharscheinliche oder notwendige Konsequenz einer verzweifelten militärischen Situation. Stauffenberg hat z.B. angeboten mit einer Bombe an Bord eines Führer-Flugzeuges zu gehen. Die tschechischen Partisanen, die mit dem Fallschirm abgesprungen und Heidrich umgelegt haben, wussten auch, dass sie getötet werden. Und die Vietcong-Kämpfer, die mit einem Sprengstoffrucksack in US-Basen oder -Hotels gerannt sind, haben damit versucht die militärtechnologische Übermacht einer Atommacht gegenüber einem Volk von Reisbauern wettzumachen: Wenn sich heute Hundert so opfern sterben morgen vielleicht 1000 oder 2000 weniger beim Frontalangriff. Meist geht es dabei auch nicht absichtlich gegen die Zivilbevölkerung, auch wenn man mit Kollateralschäden naturgemäß wenig zimperlich ist.


Das ist etwas grundsätzlich anderes, als die von AMAL über HAMAS bis Al-Quaida und IS verbeitete religiöse Selbstmordattentäter-Strategie, wo die Selbstopferung an sich das erstrebenswerte ist. Das ist nicht ultima ratio und quasi ein häßlicher Nebeneffekt der militärischen Ungleichheit, sondern der Sinn der ganzen Sache. Das hängt mit der Phatasie vom Endkampf, vom Ende aller Zeiten, der Widerkunft des Messias usw. zusammen, die in radikalen religiösen Auslegungen von Religionen (s.o.) und Sekten (Koresh, Jonestown etc.) sehr oft das entscheidende Motiv ist. Hier ist Massenmord Kern der Angelegenheit, denn es geht weniger um konkrete taktische Ziele, sondern eher um ein demonstratives Vorgehen. Das ist Propaganda der Tat um Armageddon herbeizurufen, und wenn man da dann als erster mit dabei ist gibts eben einen Logenplatz und eine persönliche lobende Erwähnung im Buch des des Allerhöchsten. Mit Jungfrauen o.Ä. Und das hat schon eine nochmal wesentlich irrationalere Motivlage als das andere.
22.11.2015 14:40:21  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
 
Zitat von Wraith of Seth

Ich finde es immer noch schwer, hier einen quantitativen Unterschied zu einem qualitativen zu machen. Nicht, dass ich da nicht auch geneigt zu wäre, aber das ist dann nicht weit von dem Schluss, dass es etwas inheränt islamisches ist... ..



... und der kann absolut korrekt sein. Momentan ist der Islam die Religion, die Legionen von Selbstmordattentätern stellt. Andere Religionen oder säkulare Ideologien tun das nicht.


Das heißt NICHT, dass diese Praxis eine zwangsläufig ein Ergebnis des Islam sein muss, weder strukturell noch individuell. Offensichtlich leben Millionen Muslime wunderbar ohne Märtyrertendenzen. Dennoch ist nun mal der kleinste gemeinsame Nenner der Selbstmordattentäter der Islam. Wir haben doch auch kein Problem damit, Nationalismus als Grund für fremdenfeindliche Gewalt zu benennen. Auch bei dieser Gewalt ist ein komplexes Netzwerk aus sozialen und ökonomischen Faktoren, aus kulturellen Prägungen und sogar technischen Aspekten (Online-Radikalisierung) am Werk - aber trotzdem benennen wir den Nationalismus als einen oder den wesentlichen Faktor, je nach Standpunkt. Bei den Selbstmordattentätern ist natürlich ebenfalls dieses komplexe Netzwerk relevant, aber dennoch ist offensichtlich die Religion hier der oder ein entscheidender Faktor - sogar besonders deutlich, wie der Abgleich zur geringen Zahl an weltlich motivierierten Selbstmordattentätern verdeutlicht.


Es heißt auch NICHT, dass der Islam die einzige Religion ist, die so eine Praxis gebiert. Sie ist es eben momentan, aber weil die Religionen durch den Menschen veränderbar sind, darf man abwarten, wer sich eine strukturell ähnliche Idee aus den Rippen schneidet (pun intended ...). Wenn man sich ansieht, was momentan ausgerechnet mit dem burmesischen Buddhismus abgeht, dann erkennt man, dass da nicht mal die freundlichen Hippiereligionen ausgenommen sind. Und wann die ersten Christen in den USA anfangen, Abortion Clinics nicht nur mit Waffen anzugreifen, sondern dass mit einem Märtyrergedanken zu legitimieren, ist vermutlich nur eine Frage der Zeit.
22.11.2015 14:57:21  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Artikel mit Quellenangaben der behauptet, dass Religion weniger Rolle im Krieg spielt, als Atheisten wahrhaben wollen.

Da ich gerade (vor allem) prokrastiniere, noch nicht vollständig gelesen, nur überflogen - aber vielleicht kann Cain da eh mehr mit anfangen (und den Quellen) als ich...

Spoken like a true virgin! - Damn straight!
23.11.2015 7:47:56  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Ich halte als Militärhistoriker ohnehin nix von der Annahme, dass Religion für "die Mehrzahl" oder auch nur einen großen Anteil von Kriegen wirklich ursächlich verantwortlich ist. Gerade in der Frühen Neuzeit sind die dynastischen Interessen offenkundig das Movens, wenn Fürsten fröhlich ihre Konfession wechseln, um Bündnisse zu schaffen oder zu brechen.

Allerdings ist das ja auch ein sehr begrenzter Blick von oben. Denn dass die (um jetzt mal im Europa der Frühen Neuzeit zu bleiben) Religion und in unserem speziellen Beispiel die Kirchen die Weltvorstellungen des Volkes so geprägt haben, dass DIE es wirklich als entscheidend für ihr EIGENES Seelenheil betrachten, den Kampf für ihren Fürsten dann auch wirklich auszuführen (sogar wenn sie dessen machtpolitisch-theologischen Volten nicht im mindesten verstehen), das ist dennoch ein wichtiger Faktor in der GLeichung. Erneut und ausdrücklich nochmal: Nicht der einzige, aber eben doch ein entscheidender.
02.12.2015 13:54:05  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Weswegen ich aber eigentlich hier rein geguckt habe: Der von mir hochgeschätzte "Arbeitskreis Militärgeschichte" ist eine der wichtigsten Organisationen für wissenschaftliche Militärgeschichte.

Der AKM hat nun auch eine Facebookseite. Um gerade die skeptischen Kollegen zu überzeugen, sollte der natürlich möglichst schnell eine substanzielle Like-Zahl vorweisen können. Hier bietet sich die Chance, den Zugriff aller auf Forschung voranzutreiben.

https://www.facebook.com/ArbeitskreisMilitaergeschichte/


Ich bitte alle FB-User im G&P-Thread deswegen, die Seite zu liken, wenn ihr auch nur das Mindeste mit Begriffen wie "Geschichte", "Wissenschaft" oder "Militär" anfangen könnt. Großartig belästigen wird euch die Seite nicht, da die Taktung wissenschaftlich glazial sein wird. Breites Grinsen
02.12.2015 13:57:35  Zum letzten Beitrag
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-=[R]o$a|PuD3[L]^

AUP -=[R]o$a|PuD3[L]^ 31.07.2012
verschmitzt lachen
 
Zitat von [Amateur]Cain

Großartig belästigen wird euch die Seite nicht, da die Taktung wissenschaftlich glazial sein wird. Breites Grinsen



Erst wollte er mit dem Tiger Richtung Wolga fahren, doch was dann geschah...
02.12.2015 14:54:21  Zum letzten Beitrag
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NotOnTour

Deutscher BF
02.12.2015 18:33:42  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
Ich steh irgendwie auf dem Schlauch ... muß ich den Cartoon verstehen? Hmmm
02.12.2015 18:44:25  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Jopp.
02.12.2015 19:05:14  Zum letzten Beitrag
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