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 Moderiert von: Irdorath, statixx, Teh Wizard of Aiz


 Thema: Geschichte & Politik XI ( événement, moyenne durée, longue durée )
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Der Menschenfreund

Arctic
Das Wesen der Mathematik ist ein Thema, über das ich gerade gerne mehr lesen und nachdenken würde, wiewohl ich ganz und gar keine Zeit habe. Ich war eben dabei einige schnelle Gedanken zu skizzieren, aber ich unterlasse das lieber, bevor ich mich eingehender damit befasst habe. Ich möchte nicht die Sprachdelle machen.

Leider. traurig
23.10.2014 0:17:20  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
Kind.
24.10.2014 6:19:23  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
History books becoming next fight in Texas schools

Ich brauch mal ein T-Shirt mit "History wars are fun!".

Wer schon glaubt, dass die Gefechte im Elfenbeinturm schlimm sind, darf sich niemals in das Gebiet der Public History begeben. *grunz*

Edit: Moar detailz: "We can't say these reports are exactly knee-slapping funny, but we still found ourselves cackling with ghoulish delight at what could soon be taught as "history" and "fact" in a Texas classroom near you. Here's a list of our favorites"
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von [Amateur]Cain am 24.10.2014 9:53]
24.10.2014 9:46:38  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
... is ja schon da!
Eben zufällig im Buchladen erspäht ...



...letztes verfügbares Exemplar mitgenommen. 29,90¤. Aua. Stand aber schon lange auf meiner Lektürliste, aber auch als Gesinnungsfranzose (Rotwein, Erotik und Revolution sind eben die wichtigsten Dinge im Leben) wollte ich das nicht im Original lesen, für alle Feinheiten reicht´s da wohl doch nicht bei mir mit der Sprachkompetenz. Erster Eindruck nach 50 Seiten: Gefällt. Lohnt. Angenehm ausgewogen geschrieben, gut lesbar. Vorweg zitiert er zudem §1 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1789, zur Erinnerung und weils so schön ist:

 
Art. 1. Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede dürfen nur im gemeinen Nutzen begründet sein.

Ach, schön war die Zeit ...

Aber natürlich bleibt es nicht dabei. Der Autor hat mit seinem Team die bis heute weltgrößte Datenbank zu Einkommens- und Reichtumsverteilung aus Erbschafts-, Steuer- und Landesstatistikdaten erstellt und stellt die Ergebnisse in den Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Entwicklungen. Weltweit, und grob gesprochen über 200 Jahre. Die Daten sind natürlich begrenzt, aber das ist ihm klar; jedoch hat es noch nie eine vergleichbare Untersuchung auf einer größeren Datenbasis gegeben, in so fern ... spannend. Hier isse übrigens, bzw. ein teil davon: World Top Income Database

Gleich zu Beginn legt er auch sein theoretisches Konzept und eine Einordnung in den Stand der Wissenschaft dar, und erfreulicherweise bezieht er sich nicht nur auf Malthus, Ricardo, Smith und Marx, sondern beschreibt auch, warum man bei Jane Austen und Honore de Balzac eben so wichtige Informationen über Armut und Reichtum finden kann wie im Statistikamt - nämlich das jeweils in der Sprache der Kunst gemalte Bild, was Reichtum und Armut für eine Gesellschaft und für die Individuen bedeuten, und das ohne eine solche Betrachtungsweise die Zahlen an sich wertlos wären. An mein Herz!

Dazu scheint er, bei Franzosen ja selten, weder dogmatsicher Struktralist noch Konstruktivist zu sein. Sehr erfreulich! Mehr wenn ich durch bin. Wer liest es auch oder hat es vor?
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von RushHour am 28.10.2014 14:19]
28.10.2014 14:12:51  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
...
Kurzbericht: Ich bin durch die knapp 900 Seiten oder so jetzt durch. Und empfehle das Buch dringend allen, die sich für Frgen der Ökonomie und / oder der Gerechtigkeit interessieren. Das dürfte der wichtigste Debattenbeitrag des Jahrzehnts aus der nicht-neoklassischen Richtung sein.

Es fällt mir schwer, hier den Argumentationsgang von 900 Seiten zu rakapitulieren, aber Piketty guckt halt in einem historisch und räumlich großen Maßstab auf die Reichtumsentwicklung und -verteilung in der Welt. Dadurch gewinnt er eine Perspektive, die viel weiter ist, als die von Ökonomen, die in tagspolitschen Debatten intervenieren und nur ihre Zeit sehen, um Regierungen Regulierungstipps zu geben. Dazu erklärt er immer wieder, dass für die Fragen, wie Ökonomie geregelt werden soll, die Politik verantwortlich ist, und dass man Vorschläge dazu nicht aus der Ökonomie selbst ableiten kann. Das ist spannend, und viel davon ist neu und überraschend.

Seine Grunderkenntnis oder -these ist auf jeden Fall, dass in den letzten 200 Jahren das um Bevölkerungswachtums bereinigte Wirtschaftswachstum stets langfristig um 1% gelegen hat. Die Kapitalrendite hingegen stets um 5%. Ausnahmen davon waren langanhaltende Aufholperioden von rückständigen Gebieten an den Weltstandard wie zB der europäischen Staaten nach dem Weltkrieg von 1950-1970 oder Chinas derzeit usw. Daraus ergibt sich langfristig der Effekt - und Piketty weist das an umfangreichen Zahlen nach - dass Kapitalbesitzer stets mehr Reichtum anhäufen können (und real konnten) als es durch Geschäftsgründung oder Lohnarbeit möglich ist. Das führt dazu, dass Reichtum weit ungleicher verteilt ist als Einkommen, und dass diese Scheere ständig wächst: derzeit sind die gehorteten Privatreichtümer in den Industriestaaten 4-7 Bruttoinlandsprodukte hoch. Reich wird man durch Erbe, nicht durch Tätigkeit, das ist die Regel, von der die Ausnahmen gehypt werden. Das ist aber das Kernmerkmal einer Adelsgesellschaft und mit einer Demokratie oder Meritokratie (Leistungsgesellschaft - so sehen sich die Demokratien ja) nicht auf Dauer zu vereinbaren oder zu legitimieren.

Ausnahmen von dieser Entwicklung gab es im historischen Maßstab nur mit der Epoche der Weltkriege und der großen Wirtschaftskrisen, die hier jeweils einen Bruch darstellten, und aus denen dann das Modell des europäischne Sozialstaates mit einer rechterheblichen Umverteilung hervorging, welche eine breite Mittelklasse schuf. Seit den 90er Jahren des vorherigen Jahrhunderts läuft die Wirtschaftsentwicklung aber wieder auf Ungleichheiten im Besitz hinaus, wie wir sie zuletzt am Vorabend des Ersten Weltkrieges hatten.

Dazu gibt es dann ordnungspolitsiche Vorschläge, wenn man interessiert ist, aber auch wenn nicht: Lesen!
07.11.2014 16:45:45  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
Danke für die Zusammenfassung. Ich wollte mir das auch kaufen; allerdings hat mich diese Rezension auf Amazon davon abgehalten:

"Neben der enormen und lobenswerten statistischen Arbeit zur ökonomischen Ungleicheit ist ein Mangel an theoretischer Bearbeitung des theoretischen Hintergrundes des Schuldenmechanismus zu kritisieren. Deshalb bleibt Pikettsy's Grundformel r (Rendite) > g (Wachstum) letztlich unverständlich."

Ich verstehe das so, dass es zwar eine fundierte Aufarbeitung von empirischem Material ist, jedoch die Mechanismen, die er glaubt als Ursache für den gegenwärtigen Stand ausmachen zu können, nicht überzeugend/ausreichend darlegt. Ist dem, deiner Meinung nach, wirklich so, RushHour?
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von sprachdelle am 07.11.2014 16:59]
07.11.2014 16:57:57  Zum letzten Beitrag
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~Bulkhe@d~

AUP ~Bulkhe@d~ 30.01.2008
http://www.zeit.de/2014/24/thomas-piketty-kapitalismus-im-21-jahrhundert
07.11.2014 17:23:20  Zum letzten Beitrag
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Tobit

tobit
Im Nachlass meiner Oma gefunden, rückblickend find ich es ganz interessant zu lesen.



10.11.2014 19:33:53  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
@ Piketty
Ich hatte einiges an der Kritik an ihm - mit dem Tenor wie ind er Zeit - vorher auch gelesen und im Kopf. Ich fand seine Argumentation aber angesichts der Quellenlage ernsthaft bescheiden und selbstkritisch. An manchen Stellen würde ich Projektionen weniger taruen wollen, aber im Großen und Ganzen finde ich die Kritik "er jongliert wild mit vagen Zahlen" unangemessen. Wo die Zahlen vage sind sagt er das ständig dazu und sagt er versucht Tendenzen zu finden, keine exakten Daten. In so fern: Kein wirklicher Treffer der Kritik.

Theorie. Ich kenne mich mit Marx - relativ - gut aus. Piketty ist kein Marxist i.S. des Kapitals als Kritik der politischen Ökonmie. Er macht drei, vier kleine Exkurse über Marx im ganzen Buch, und die sind weitgehend kritisch zur ökonomischen Theorie. Ich fand den Begriff von "Kapital", den er hat, ebenfalls recht hemdsärmelig formuliert, aber letztlich für seine Zwecke doch plausibel und sinnvoll. Deswegen hauen ihn aber die Marxisten und schimpfen, so könne man von Kapital doch nicht reden usw.
Weil er aber gesellschaftskritisch und Humanist ist (und das durchaus in Marx´ Tradition) und deswegen im ungeregelten Anwachse von Vermögen ein gesellschaftliches Problem sieht hauen ihn auch die klassischen Ökonomen, die das alles unpolitisch sehen wollen. Er sitzt also zwischen den Stühlen, das gibt halt immer viele miese Kritiken. Das finde ich dann eher interesant an Leuten, wenn sie sich den großen Strömungen verweigern und selber denken ... Orthodoxie ist selten produktiv.

Die Kritik aus der Zeit mit den Steuern ist hingegen albern, weil er das klar begründet und immer ausweist. Er errechnet aus den Steuererklärunegn zB das Vermögen der reichsten 0,1% Franzosen und stellt dann fest, dass denen, wasweißich, immer noch 20% des Nationalvermögens gehören, welches 5-6x das BIP ist. Einer Gruppe von nur 500.000 Personen gehört also ein ganzes Jahres-BIP in Aktiva, während die ärmsten 50% der Bevölkerung - 25.000.000 Menschen - gemeinsam 0,0¤ haben, Haben und Schulden ausgeglichen! Während gleichzeitig auch beim Staat, der ja Bildung und Gesundheit und Infrastruktur chancengleich (Aufstiegsversprechen! Soziale Mobilität" Leistungsgesellschaft!) für 50 Millionen Leute finanzieren soll, Aktiva und Passive von je ca. 1xjährliches BIP sich die Waage halten, weshalb der Staat auch Pleite und handlungsunfähig ist. Dagegen schlägt er Steuern vor, die den obersten 10% - 1 Promille der Bevölkerung gestaffelt einen wesentlichen Teil ihres Vermögens abnehmen und ihren künftigen Reichtumszuwachs durch arbeitsloses Einkommen begrenzen, um einen zukunftssicheren Staat (Krankenversorgung, Bildung, Forschung, Klimaschutz) zu erhalten. Angesichts solcher Modelle zu meckern er würde nicht sehen dass ein armer Anwalt von seinen 200k Jahreseinkommmen ja jetzt schon schon 80k Steuern zahlt, naja ... Thema verfehlt.

Anyway, lest es selber. Ich fand die Argumentationen zumeist jedenfalls eher plausibel als löchrig. Was er selber nicht so sagt, aber was mich so überzeugt, ist eigentlich die Parallele zu Hobsbawms "kurzem 20. Jahrhundert". In Pikettys Zahlen, in allen, fällt die Zeit von 1914-1990 als besonders soziale, besonders egalitäre, in Bezug auf Ungerechtigkeit gemäßigte Periode auf - es ist das Jahrhundert der Arbeiterbewegung, die zwar weder Sozialismus noch Weltrevolution gebracht hat, aber Sozialstaat und Mittelschichten als Klassenkompromiß, welcher nun seit 1990 stetig zu Gunsten der oberen Zehntausend aufgekündigt wird und sich der grotesken Ungleichverteilung der Belle Epoque wieder nähert. Das deckt sich mit meinem Verständnis von Zeit- und Sozialgeschichte, so dass ich es faszinierend und evident plausibel finde - das kann kein Zufall sein. Aber das sagt der Autor selber so nicht.
10.11.2014 21:14:24  Zum letzten Beitrag
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Reisschuessel

Arctic
Hallo!

Ein Schüler hat mich heute gefragt, ob jemand, der sich 1988 als Privatmensch einen Kredit aufgenommen hat, diesen nach der Wende überhaupt zurückzahlen musste.

Ich wusste auf Anhieb keine Antwort, weiß hier zufällig jemand, wie die Umschuldung bei Privatleuten abgelaufen ist?
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Reisschuessel am 18.11.2014 20:42]
18.11.2014 20:41:44  Zum letzten Beitrag
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Jackle

Leet
Wie das bei den Privatleuten abgelaufen ist, weiß ich nicht, aber schau Dir lieber nicht an, wie das bei den volkseigenen Betrieben abgelaufen ist. Sonst campst du wieder in Frankfurt vor den Banken.
18.11.2014 20:55:37  Zum letzten Beitrag
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M@buse

AUP M@buse 22.12.2015
 
Zitat von Jackle

Wie das bei den Privatleuten abgelaufen ist, weiß ich nicht, aber schau Dir lieber nicht an, wie das bei den volkseigenen Betrieben abgelaufen ist. Sonst campst du wieder in Frankfurt vor den Banken.



das was ich bisher dazu gelesen habe, klang so absurd, dass ich es kaum glauben konnte.
gibt es online einen artikel, der das sachlich darstellt?
18.11.2014 22:23:19  Zum letzten Beitrag
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Jackle

Leet
Auf die Schnelle finde ich gerade nur so etwas: http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/schulden-ohne-suehne/620948.html

Aber prinzipiell geht es eben genau darum, dass die internen Verrechnungen der DDR zwischen Staatsbetrieben und Staatsbanken einfach übernommen und als 'Kredite' fest gezurrt wurden, die die nun nicht mehr volkseigenen Betriebe mit erhöhten Zinsen anschließend den Westbanken schuldig waren, welche für wenige hundert Millionen zig Milliarden an DDR-'Krediten'(und Guthaben) aufnehmen konnten in ihre Bilanz, die dann dankenswerterweise von der BRD verbürgt wurde, da eh allen klar gewesen sein muss, dass nur sehr wenige Ostbetriebe diese je zurück zahlen können und folglich pleite gehen und ausgeschlachtet werden können. Insgesamt also ein gutes Geschäft.

Das DDR-Volk schrie: "Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh'n wir zu ihr" und, oh boy, ist die DM über die DDR gekommen.
18.11.2014 23:01:58  Zum letzten Beitrag
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M@buse

AUP M@buse 22.12.2015
ah den artikel hatte ich schon mal gelesen.

wenn ich mich recht erinnere, stand in "Fünfzig Jahre im Auftrag des Kapitals" von edgar most auch was dazu peinlich/erstaunt
18.11.2014 23:35:51  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
...
Länderbericht China (1000 Seiten) der bpb für'n 5er
05.12.2014 9:49:15  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
Perlen vor die Säue
Oder: Wie man es schafft, durch exzellente Schlechtschreiberei sich mit der eigenen Methode zu diskreditieren:

in: FAZ
"Wir Geisteswissenschaftler - Lasst uns Profis der Skepsis werden"

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/wir-geisteswissenschaftler-lasst-uns-profis-der-skepsis-werden-13391971.html

Wie unglaublich schlecht dieses Pamphlet ist. Boah.
31.01.2015 23:35:29  Zum letzten Beitrag
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Kanonfutter

AUP Kanonfutter 28.03.2016
Könntest du bitte näher erläutern warum du dich aufregst?
Ich bin kein Geisteswissenschaftler und mir ist somit nicht ganz klar, warum das ein Pamphlet und auch warum es schlecht ist. Wo setzt deine Kritik an? Was siehst du anders? Und woran erkennt man die Schlechtschreiberei?
Danke, Kanonfutter
01.02.2015 1:08:38  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
In Kurzform (und dem gleichen klagenden Stil*):

(1) Der Resonanzkörper einer GeiWi ist eine kritische Öffentlichkeit, die Argumente mit gesundem Menschenverstand (d.h. auf analytischer und nicht empirischer Ebene) reflektieren muss. - Im Gegensatz, so meine Ansicht, zu einer NaWi, deren Resonanzkörper (jedenfalls in dieser Realität) "die Wirtschaft" ist, die ein Produkt hervorbringt.

(2) Behauptung aus eigener und mittelbarer Erfahrung: Ein argloser Arbeitnehmer, der nach seinem 9h/Tag-Job nach Hause kommt, hat keine Energie dazu, sich mit einem analytischen Argumente ernsthaft auseinanderzusetzen. (Das, so behaupte ich, ist menschliche Realität; und auch nichts, wofür sich irgendjemand schämen muss (siehe (K)).

(K) aus (1) und (2): Mein Punkt wäre also (wieder mal), dass der Fehler nicht beim "unwilligen Individuum" (allein) zu suchen ist, sondern einem wirtschaftlichen System inhärent ist, das von vornherein verhindert, dass es einen Resonanzkörper für GeiWi gibt, der mit hinreichend großer kritischer Masse Gedankengänge überhaupt ersteinmal wahrnimmt und sich damit genauso "diskutabel wie den neuen McRib" macht.

(S) Und um damit auf deine Frage zurück zu kommen: Es nutzt nichts, blöd ins Horn zu tuten und sich als GeiWi untereinander zuzurufen, dass man gefälligst mehr Selbstbewusstsein braucht, weil das nötige Selbstbewusstsein nicht wie ein Herrengedeck bestellt werden kann, sondern nur in sozialer Interaktion geschenkt werden kann - und zwar von anderen Menschen, die sich das durchlesen und für Schwachsinn oder sinvolle Kritik halten.


*Ich hab das Gefühl, dass dieser "klagende" Stil nur als solcher wahrgenommen wird, weil damit die bezeichnete Skepsis zum Ausdruck gebracht wird. Und solange begründete Skepsis mit "klagend" gleichgesetzt wird, wird GeiWi immer "klagende" Wissenschaft sein.
[Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert; zum letzten Mal von sprachdelle am 01.02.2015 1:26]
01.02.2015 1:21:42  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
 
Zitat von sprachdelle

In Kurzform (und dem gleichen klagenden Stil*):

(1) Der Resonanzkörper einer GeiWi ist eine kritische Öffentlichkeit, die Argumente mit gesundem Menschenverstand (d.h. auf analytischer und nicht empirischer Ebene) reflektieren muss. - Im Gegensatz, so meine Ansicht, zu einer NaWi, deren Resonanzkörper (jedenfalls in dieser Realität) "die Wirtschaft" ist, die ein Produkt hervorbringt.


Das ist unter deinen Fähigkeiten.Wütend

Zum einen, weil auch eine Geisteswissenschaft über den gesunden Menschenverstand hinaus muss und sich da der Geisteswissenschaft Mathematik und ihrer kontraintuitiven Folgen bewusst sein muss. Sonst kann man gleich den GeiWi-Stempel auch auf jeden denkbaren Populismus packen. Gesunder Menschenverstand ist, imho, die Urform dessen, was Penrose "physikalische Intuition" nannte. Nur muss sich letzte immer wiese Fakten anpassen (um das Penrose-Zitat, was irgendwo auch in meiner Signaturliste rumgeistert, weiter auszuwalzen), während gesunder Menschenverstand, so, wie er meist angewendet wird, das nicht tut.
Zum anderen, weil diese Zweiteilung einfach vorn und hinten Blödsinn ist. Propaganda jeder Art hat eine Wirtschaft hinter sich, die aber gezielt auf Geisteswissenschaftler und deren Fähigkeiten angewiesen ist. Genau wie mein Feld der Physik (noch) nicht weiter von der Anwendung und der Wirtschaft sein könnte als reine Epistemologie. Selbst Ingenieurswissenschaften haben oft genug Grundlagenforschung, die nur mit Fantasie Wirtschaftsinteressen gehorcht.

Mit dieser Gegenüberstellung tut sich keine einzige Wissenschaft je einen Gefallen. Man muss alle Felder als Teil eines Ganzen wahrnehmen, sonst gräbt man sich gegenseitig das Wasser ab.

¤DIT:
Der Link selbst interessiert mich nur mäßig, weshalb ich ihn (noch) nicht gelesen habe, und das derzeit auch noch nicht wirklich für meine Kritik nötig halte...peinlich/erstaunt

I have an equation; do you have one, too?
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Wraith of Seth am 01.02.2015 1:31]
01.02.2015 1:29:49  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
Ich möchte anfügen, dass "NaWi" ein begrifflicher Fehlgriff ist, aber trotzdem dabei bleiben, dass in unserer Realität der "physikalische Grundlagenforscher am CERN" genau der gleichen Kritik ausgesetzt ist, wie ein GeiWi. (Der Typ mit seinen Kumpels am Stammtisch fragt sich bzgl. GeiWi-Methode und "wir bauen einen riesigen Magnetring!" das gleiche: Was zum Teufel soll mich die Scheiße interessieren? Wichtig ist, dass mein Flugeug (designed by Ing9000) weniger Sprit verbraucht und damit mein Flug billiger wird).

Vielleicht wäre die Unterteilung, die meinen Punkt verständlich macht, IngWis vs. Rest. Oder so.

Des Weiteren: Mit analytischer Methode (das ist auch für mich immer wieder ein Stolperstein) ist nicht gemeint, dass man keine Rücksicht auf die restlichen sich entwickelnde Wissenschaft nimmt, sondern nur, dass die Schlussformen, die man in der eigenen Wissenschaft zulässt, rein analytische sind. Natürlich muss auch ein GeiWi anerkennen, dass die Erde rund ist (empirische Erkenntnis), aber die Schlussfolgerungen, die er daraus zieht sind nicht: "Wir können ein Flugzeug um die Erde schicken und Eisen von China nach Alaska bringen!", sondern sowas wie: "Wenn die Erde runde ist (und eine Gravitation existiert - geschenkt) hat die Erde keinen Ortsanfang oder -ende."

Noch Eins: Mit gesundem Menschenverstand ist nicht Intuition gemeint, die (öfter mal) daneben greift, sondern ein halbwegs gebildeter Haufen von Menschen, die all diese Problem schon verinnerlicht haben (wie ich bspw. nicht).

Die Trennung von wissenschaftlichen Feldern habe ich hier vorgenommen um einen Punkt (relative Anwendungshäufigkeit einer Methode) deutlich zu machen und nicht, um eine ontologische Differenz zu behaupten.
[Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert; zum letzten Mal von sprachdelle am 01.02.2015 1:43]
01.02.2015 1:40:06  Zum letzten Beitrag
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Ibanez4000

X-Mas Leet
 
Zitat von [Amateur]Cain

Länderbericht China (1000 Seiten) der bpb für'n 5er


Gibt es eigentlich auch bpb shops in größeren Städten?
Der Versand machts irgenwie "teuer".
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Ibanez4000 am 01.02.2015 1:48]
01.02.2015 1:46:25  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
Noch ein Hinweis aus GeiWi-Sicht wäre vielleicht, dass die Wissenschaft, die im persönlichen Leben des einzelnen Menschen in so einer Art "wirtschaftlicher Rechenschaftsverpflichtung" ganz oben steht, am meisten Probleme damit hat, sich zu rechtfertigen, weil es für Wissenschaft an sich keine Rechtfertigung außer menschlicher Neugier gibt.

Es könnte aber auch sein, dass das nur Geltungsdrang eines kleinen Möchtegerns ist, der sich wünscht, genau so schlau zu sein, wie der Quantenphysiker. Aber auch da - und das ist mein Punkt - greift nur eine qualitative Überlegung darüber, was man eigentlich will und nicht eine quantitative Gegenüberstellung von "was haben wir der Menschheit tolles an Zeug geliefert."

[Ingenieurwissenschaftlerbreathing intensifies]
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von sprachdelle am 01.02.2015 1:55]
01.02.2015 1:54:07  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
sprachdelle, mit dem Post (¤dIT: den Posts) kann ich schon deutlich besser leben, aber:

 
Zitat von sprachdelle

Noch Eins: Mit gesundem Menschenverstand ist nicht Intuition gemeint, die (öfter mal) daneben greift, sondern ein halbwegs gebildeter Haufen von Menschen, die all diese Problem schon verinnerlicht haben (wie ich bspw. nicht).


Wenn schon zu Marx' Zeiten der Begriff "gesunder Menschenverstand" alles andere als sauber definiert war und ständig blödsinnig genutzt wurde, sollte man wohl lieber davon ausgehen, dass er wissenschaftlich nicht wirklich als Ausgangsbasis taugt. Außer vielleicht als wirklich allererster Schritt auf dem Weg zu analytischem Denken. Schon "Intuition" ist da deutlich trainierbarer.

If I didn't have you, I'd probably have someone else.
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Wraith of Seth am 01.02.2015 1:55]
01.02.2015 1:54:25  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
Das stimmt.
01.02.2015 1:55:33  Zum letzten Beitrag
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DasIch

AUP DasIch 07.03.2015
 
Zitat von Ibanez4000

 
Zitat von [Amateur]Cain

Länderbericht China (1000 Seiten) der bpb für'n 5er


Gibt es eigentlich auch bpb shops in größeren Städten?
Der Versand machts irgenwie "teuer".



Es gibt neben der Bundeszentrale auch noch die Landeszentralen für politische Bildung. Meines Wissens befindet sich in jedem Bundesland(in der Hauptstadt) eine.

http://www.bpb.de/partner/51452/landeszentralen-fuer-politische-bildung

E²: Hast Recht. Ich hätte mir die Karte mal besser genauer angeschaut.
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von DasIch am 01.02.2015 2:14]
01.02.2015 2:03:27  Zum letzten Beitrag
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NotOnTour

Deutscher BF
Ne, Niedersachsen hat keine mehr, darf man sich bei Wulff für bedanken.
01.02.2015 2:12:29  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
 
Zitat von [Amateur]Cain

History books becoming next fight in Texas schools

Ich brauch mal ein T-Shirt mit "History wars are fun!".

Wer schon glaubt, dass die Gefechte im Elfenbeinturm schlimm sind, darf sich niemals in das Gebiet der Public History begeben. *grunz*

Edit: Moar detailz: "We can't say these reports are exactly knee-slapping funny, but we still found ourselves cackling with ghoulish delight at what could soon be taught as "history" and "fact" in a Texas classroom near you. Here's a list of our favorites"



Nachdem ich das nochmal nachgelesen habe stellt sich mir (wieder) folgende Frage:

Es gibt (im Groben) zwei Möglichkeiten:
(a) Halte die Meinungsfreiheit (und meinetwegen auch Bildungsfreiheit) so hoch, dass du deinen Kindern zu Hause in Heimunterreich beibrngen kannst, dass Schwarze die Nachfahren der Schaben sind und totgetrampelt werden müssen. [USA - zugespitzt]

(b) Verfasse diverse Gesetze, in deren Rahmen du dich mit einem Bildungsauftrag bewegen darfst, durchaus konträre Positionen beleuchten darfst, aber nichts, das über diesen Rahmen hinausgeht unkommentiert an die Lernenden weitergibst. [DE - im weitesten Sinne]

Frage: Unter der Voraussetzung, dass jedwede Form von Zensur bestmögliches Wissen unmöglich macht; oder anders gesagt: dass echte liberale Freiheit es aushalten muss, dass viele Leute (meinetwegen auch ihren Kindern) enormen Schwachsinn erzählen. Was haltet ihr für eine gangbare Variante? Worauf ich hinaus will: Wenn ich so eine Art unbedingte Wissenfreiheit fordere, d.h. eine, die auch damit umgehen können muss, dass (Achtung: konstruiert!) in den Südstaaten 80% er in Heimunterricht gebildeten Kinder wirklich glaube, dass die Erde eine Scheibe ist und dass Schwarze die Nachfahren der Kakerlaken sind und ich im Zweifelsfall tot bin, weil denen auch beigebracht wird, dass sie ihre Schrotflinte benutzen können, wenn jemand was anderes behauptet (das ist ja dann für die auch "Wissen").

Sind dann hier immer noch alle für einen unbedingt weitreichenden (Wissens-)Liberalismus?

[Disclaimer: Ich habe die USA und DE mit den dazugehörigen Bildern von Meinungsfreiheit mit Absicht völlig überspitzt dargestellt, um zu fragen, was "Meinungsfreiheit" in einer "Demokratie" ohne Bildung eingentlich bedeute soll.]
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von sprachdelle am 01.02.2015 2:28]
01.02.2015 2:21:18  Zum letzten Beitrag
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Der Menschenfreund

Arctic
Angenommen ich konstruiere eine Extremsituation, in der offensichtlich alles schlecht ist und eine alternative Situation, in der es keine Probleme gibt, welche ist dann zu bevorzugen?
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Der Menschenfreund am 01.02.2015 4:23]
01.02.2015 4:23:09  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
betruebt gucken
Ja. So ähnlich geht es mir auch gerade. Er konstruiert ein Beispiel für das (abkürzende und abgekürzte) Mantra "Eine freie Gesellschaft muss intolerant gegenüber Intoleranz sein". Super. Ungefähr so interessant darüber zu diskutieren, wie darüber, ob der Tod einer geliebten Person für Angehörige schmerzhaft ist.

Ahhh. I see it clearly. This is the plane of suck.
01.02.2015 4:33:10  Zum letzten Beitrag
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Ibanez4000

X-Mas Leet
 
Zitat von DasIch

 
Zitat von Ibanez4000

 
Zitat von [Amateur]Cain

Länderbericht China (1000 Seiten) der bpb für'n 5er


Gibt es eigentlich auch bpb shops in größeren Städten?
Der Versand machts irgenwie "teuer".



Es gibt neben der Bundeszentrale auch noch die Landeszentralen für politische Bildung. Meines Wissens befindet sich in jedem Bundesland(in der Hauptstadt) eine.

http://www.bpb.de/partner/51452/landeszentralen-fuer-politische-bildung

E²: Hast Recht. Ich hätte mir die Karte mal besser genauer angeschaut.


Pot delivers
Die in Hamburg ist ne viertelstunde von mir entfernt und hat einen Publikationsladen
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Ibanez4000 am 01.02.2015 10:46]
01.02.2015 10:45:44  Zum letzten Beitrag
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 Thema: Geschichte & Politik XI ( événement, moyenne durée, longue durée )
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