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 Moderiert von: Irdorath, statixx, Teh Wizard of Aiz


 Thema: Geschichte & Politik XI ( événement, moyenne durée, longue durée )
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psycho.doc

AUP PsYch0_D0c 01.06.2009
 
Zitat von Wraith of Seth

 
Zitat von RushHour

/mehr zu Dialektik bei Bedarf später.


Den "Bedarf" hätte ich.

TeX: \psiEdit: Bevor ich den Post abschickte, sah ich meine künftige Sig und dachte, das darf man nicht ungenutzt lassen.

Bisher kann ich nämlich meistens, wenn jemand anfängt, Dialektik in eine Diskussion "einzubringen" es mit dem Känguru halten...

KENNEN SIE DIESEN PINGUIN?


ich möchte diesen teppich nicht kaufen? verwirrt
19.06.2015 11:54:08  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
unglaeubig gucken
Boah ... Sprachdelle, das war ein Witz.

Aber tatsächlich halte ich die gesamte Philosophieentwicklung seit dem Linguistic Turn für grundverquer. Das Reden konstituiert eben das Reden über die Welt, aber nicht die Welt an sich. Die ist schon vorher und völlig unabhängig da. Das Reden über das Reden, die gesammelte Diskurstheorie, der ganze Kram ist m.E. Tinnef. Da halte ich es lieber mit der Hegel´schen "Arbeit am Begriff" als mit der Vorstellung eines in sich selbst verwickelten "Sprachspiels" als Rahmen aller Erkenntnis. Ich stehe auf Wahrheit, Objektivität, solche Dinge. Diskurs, Relativismus aller Sorten und Standpunktphilosophie können mir gestohlen bleiben.

Und bei Rorty finde ich, dass er Dinge als Prämissen über Bord schmeißt, die man behalten sollte. Wie Habermas ist das eine Philosophie meinethalben für die zukünftige utopische Assoziation freier Individuuen, die es aber verflixtnochmal in der verwalteten Welt nicht gibt. Die ganze Hinwendng zu Pragmnatismus und Kommunikation ist, eine denkerische Kapitulation, weil die, die Macht haben, nunmal nicht als Individuen kommunizieren müssen. Dass die gesellschaftsich aus Individuen zusammensetzt ist echte liberale verwirrungsideologie. Das ignoriertrt alles, was man in "Kritik der instrumentellen Vernunft" oder "Kritische und traditionellle Theorie" schon 1930 lesen konnte. Von Marx oder Freud ganz zu schweigen, auf anderen Ebenen.

Ich kenne mich nicht besonders gut mit Wittgenstein oder Saussure aus, außer dass meine durchaus ernsten Versuche, sie zu lesen, zu unbändigem Kopfschütteln und völliger Verständnislosigkeit führten, ebenso wie bei der gesamten (Post-)Strukturalistischen Fraktion. Von Eco lese ich nur noch Romane, und auch nur noch die frühen. Und wenn ich Habermas lese kriege ich nach 30 Seiten Kopfschmerzen und muss das Buch in die Ecke pfeffern, wenn ich sehe, was der Mann von seinen Lehrern Adorno und Horkheimer alles mitbekommen hat, und wie er es alles freiwillig aufgibt. Eine Qual. Als ob ein Meisterschüler Rembrandts nun lieber Primärfarben-Fingerfarbenbilder malt.

Bei Hegel grob: "Dialektik ist die Identität von Identität und Nichtidentität". Na? Also: Identität ist Übereinstimmung. Etwas geht "in seinem Begriff auf". Nichtidentität wäre dann Differenz, etwas geht gerade nicht in seinem Begriff auf. Dialektik ist das Ineinanderfallen von beidem. Das ist (hatten wir schon) rein formallogisch ein Widersprch, aber für Dialektik der Anfang von allem: In der Bewegung ist dieser Widerspruch aufösbar, "entfaltet" er sich. Und nur dadurch, dass man das im Denken, in der Arbeit am Begriff, rauspfriemelt, was sich da wie bewegt, gelingt bestenfalls Erkenntnis, nicht durch Behauptung von Identität oder Nichtidentität. Hegel wäre mit PCs also sehr unglücklich gewesen. Breites Grinsen

Was ich weiter zu Dialektik sagen soll weiß ich nicht genau. Fragt mal lieber was. Es ist sehr schwer das ohne Material zu erläutern, weil es eben keine abstrakte Methode ist, die man sich am Philosophenschreibtisch ausdenkt und dann lehrbuchhaft auf Themen oder Objekte anwendet, sondern das eben das vertiefen in ein Sujet voraussetzt, dem man dann seine inneren Bewegeungen eher ablauscht, denn aufzwingt (wofür es natürlich keine Garantien oder Verfahren gibt, denn den Ernst, in dem es betreiben und dokumentiert wird). Es ist auch die Ablehnung der klaren Trennung zwischen Methode und Objekt.

Ich glaube Bloch versucht Dialektik irgendwo ganz schön darzustellen, aber ich weiß nicht mehr wo. Prinzip Hoffnung? Hebung-Wendung ist glaube ich seine Bezeichnung für die dialektische Bewegung. Bei Adorno kann man es in der Negativen Dielektik gut rückkonstruieren, wo er erläutert, wie man der ewig dynamischen Hegelschen Dialektik die Spitze nimmt, um in den Widersprüchen, die objektiv sind, und durch die Philosophie bzw. die Philosophen nicht willkürlich zu sistieren, aushalten muß, und dass man nur in der Spannung zwischen diesen Polen Erkenntnis finden kann.

Praktisch ist eventuell am Besten, falls man das wirklich interessiert lesen will, entweder die "Minima Moralia" (das sind sehr viele eigentlich dialektische Miniaturen drin) oder die "Fragmente" ganz hinten in der Dialektik der Aufklärung, wo, oft von Adorno und Horkheimer gegensätzlich (ohne dass es im Text angegeben ist, ist aber so), Position und Negation ausgeführt werden, ohne dass es zu einer Negation der Nagation (also Auflösung der dialektischen Spannung in einer Auf-Hebung) kommt. Wenn man da reinguckt bekommt man evtl. einen Begriff, wie das mit der Dialektik gemeint ist. In der "Einführung in die Kritische Theorie" (Theorie.org) ist auch was dazu zu finden.

Oder Brecht. Der ist auch ein großer Dialektiker, kein Witz. Ein bißchen mit dem Holzhammer, aber Dialektiker ist er. Ton-Steine-Scherben haben auch ein bißchen sich an ihm orientiert, übrigens.

Ok, ist wieder im Tofall aggressiver geworden als gut wäre. Sorry. Bitte abregen. Ich tu es auch.
19.06.2015 16:11:56  Zum letzten Beitrag
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Der Menschenfreund

Arctic
 
Zitat von RushHour

Oder Brecht. Der ist auch ein großer Dialektiker, kein Witz. Ein bißchen mit dem Holzhammer, aber Dialektiker ist er.


https://youtu.be/dksetII5sls?t=418 Augenzwinkern
20.06.2015 2:51:26  Zum letzten Beitrag
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~Bulkhe@d~

AUP ~Bulkhe@d~ 30.01.2008
 
Zitat von RushHour

Dass die gesellschaftsich aus Individuen zusammensetzt ist echte liberale verwirrungsideologie. Das ignoriertrt alles, was man in "Kritik der instrumentellen Vernunft" oder "Kritische und traditionellle Theorie" schon 1930 lesen konnte. Von Marx oder Freud ganz zu schweigen, auf anderen Ebenen.



Woraus setzt sich die Gesellschaft zusammen?
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von ~Bulkhe@d~ am 20.06.2015 7:17]
20.06.2015 7:16:51  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
RH, irgendwie bin ich so klug als wie zuvor.

Mein bisheriger Standpunkt bleibt bestehen: Entweder ist es naiv falsch verstandene buddhistische Lehre oder es ist das, was ich ihm vorher unterstellte: Bestenfalls die großartig weitreichende Erkenntnis *hust*, dass Begriffe, die für etwas entwickelt wurden, sich zeitlich und an anderen Objekten angewandt, nicht völlig anwenden lassen und daher zwar einerseits diesen Begriff füllen, dann aber wieder nicht und die Analyse davon dann bessere Begriffe liefert.

Aber wenn du sagst, dass es prinzipiell der Logik nicht gehorcht, kann es dieser zweite Ansatz nicht sein, womit für mich nur Blödsinn überbleibt und ich es mit dem Känguru halten kann:
Dialektik.

Dazu kommt dann noch, dass du selbst ja den linguistic turn ablehnst. Da stimme ich voll zu. Aber das ist doch einfach nur die logisch fortgedachte Konsequenz aus dem Fantasiewort Dialektik.
Imho kann man z.B. das Sprachspiel durchaus sinnvoll nutzen, zum Einen, um zu erklären, wie die Sprache lebt, zum anderen, wie man Begriffe anpasst und variiert.
Was mir Dialektik darüber hinaus geben soll, bleibt mir völlig schleierhaft.

Erst recht, wenn es dann oft als EINZIGES Argument aufgeführt wird. (Zum Glück im Forum noch nicht beobachtet.)

Now that I feel better, I can't justify eating this entire bag of cookies.
20.06.2015 9:07:03  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
Als Quantenphysiker der lingustic turn ablehnen. Does not compute. Aber du wirst schon wissen, was du da schreibst.
20.06.2015 10:27:51  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
verschmitzt lachen
 
Zitat von sprachdelle

Als Quantenphysiker der lingustic turn ablehnen. Does not compute. Aber du wirst schon wissen, was du da schreibst.


Als Philosoph Quantenmechanik einbringen. Does not compute. Aber du wirst schon wissen, was du da schreibst.

QM braucht keine subjektive Interpretation, auch wenn das leider noch nicht in die Lehrbücher vorgedrungen ist...

He pōturi rawa te ipurangi i tēnei rā.
20.06.2015 10:38:58  Zum letzten Beitrag
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sprachdelle

Arctic
Ich wollte auchb nicht auf eine 'Subjektivität' hinaus, sondern auf den schönen Satz, dass - je genauer man sich die Sache anschaut - die Dinge immer unschärfer werden.

Es geht um die Feststellung, dass Welt nicht gegeben ist, sondern wir uns gat keinen anderen Zugang zu ihr verständlich machen können, außer über das interdependente Dreieck aus sozialer Interaktion, individueller Interpretation (einer Lebensform) und Welthaltigkeit (Anti-Anti-Realismus).
20.06.2015 10:53:50  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
 
Zitat von sprachdelle

Ich wollte auchb nicht auf eine 'Subjektivität' hinaus, sondern auf den schönen Satz, dass - je genauer man sich die Sache anschaut - die Dinge immer unschärfer werden.


Könnte dein Fachbereich bitte mit dem interdisziplinären Äpfel-Birnen-Vergleich aufhören?

Zumal das, jetzt mal die Modellbildung außen vor, auch in der QM nicht für alles gilt. Wenn du ein Elektron hast, hast du ein Elektron - die Eigenschaften davon sind etwas pelziger als man das so aus der klassischen Physik kennt, aber es immer noch ein Elektron, egal wie lange, genau und intensiv man sich das ansieht.

Zumal dein Dreieck, mit Hofstadter gesprochen, durchaus noch die Möglichkeit "seltsamer Schleifen" bietet, die eine Meeeeenge Spaß bedeuten können.

Und ich lehne auch nicht alles vom Linguistic Turn ab, aber die Allaussage, die da gerne mitreingepackt wird, widert mich an. Tiere ohne Kommunikation sind auch zu Geistesleistungen fähig, das wird beim Menschen nicht anders sein.

Klingt für mich immer nach Dialektik 2.0

DON'T PANIC
20.06.2015 11:10:28  Zum letzten Beitrag
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limlug

tf2_soldier.png
 
Zitat von ~Bulkhe@d~

 
Zitat von RushHour

Dass die gesellschaftsich aus Individuen zusammensetzt ist echte liberale verwirrungsideologie. Das ignoriertrt alles, was man in "Kritik der instrumentellen Vernunft" oder "Kritische und traditionellle Theorie" schon 1930 lesen konnte. Von Marx oder Freud ganz zu schweigen, auf anderen Ebenen.



Woraus setzt sich die Gesellschaft zusammen?



Naja eine Gesellschaft wird viel auch durch ihre Institutionen geprägt. Ich denke das is das worauf RushHour hinaus will. Wenn du dir z.b. die Bundeswehr anschaust ist prägend nicht das Auftreten einzelner Individuen bzw das individuelle Auftreten sondern vielmehr das geschlossene Auftreten eines Habitus der umfassend für die gesamte Institution ist und sich in individuell unterschiedlichen Graden ausprägt. Dieses Problem hast du bei vielen gesellschaftlichen Institutionen, was oftmals auch zu "wir gegen die" und Corpsgeist führt. Dementsprechend kann man eben nicht davon sprechen, dass die Gesellschaft nur aus Individuen besteht, die zufällig in die gleiche Richtung gehen.
20.06.2015 12:46:03  Zum letzten Beitrag
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~Bulkhe@d~

AUP ~Bulkhe@d~ 30.01.2008
 
Zitat von limlug

 
Zitat von ~Bulkhe@d~

 
Zitat von RushHour

Dass die gesellschaftsich aus Individuen zusammensetzt ist echte liberale verwirrungsideologie. Das ignoriertrt alles, was man in "Kritik der instrumentellen Vernunft" oder "Kritische und traditionellle Theorie" schon 1930 lesen konnte. Von Marx oder Freud ganz zu schweigen, auf anderen Ebenen.



Woraus setzt sich die Gesellschaft zusammen?



Naja eine Gesellschaft wird viel auch durch ihre Institutionen geprägt. Ich denke das is das worauf RushHour hinaus will. Wenn du dir z.b. die Bundeswehr anschaust ist prägend nicht das Auftreten einzelner Individuen bzw das individuelle Auftreten sondern vielmehr das geschlossene Auftreten eines Habitus der umfassend für die gesamte Institution ist und sich in individuell unterschiedlichen Graden ausprägt. Dieses Problem hast du bei vielen gesellschaftlichen Institutionen, was oftmals auch zu "wir gegen die" und Corpsgeist führt. Dementsprechend kann man eben nicht davon sprechen, dass die Gesellschaft nur aus Individuen besteht, die zufällig in die gleiche Richtung gehen.



Selbstverständlich besteht die Gesellschaft auch aus Institutionen nur bestehen die wiederum aus Individuen.
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von ~Bulkhe@d~ am 20.06.2015 14:04]
20.06.2015 14:03:35  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
Sorry Bulkhead, wir sind selten einer Meinung, aber das ist jetzt nicht Dein Ernst, oder? Insitututione bestehen aus Individuen? Banal, Klar. Aber täten sie das im wesentlcihen, dann wären sie nutzlos. Ganz ohne linksradikales rumagitieren: Das ist Quatsch. Institutionen sind geschaffen worden, eben um Individualität auszuschalten oder wenigstens zu zu begrenzen. Guck Dir simple staatliche Bürokratien an: Die sollen nach abstrakten allgemeinen Regeln funktionieren, und die Individuen haben diese umzusetezn, ob es ihnen persönlich gefällt oder nicht, und egal welche private Meinung sie dazu haben. Bürokraten sind, wie Soldaten, dadurch gekennzeichent, dass sie NICHT individuell handeln, sondern nach verallgemeinerten Regeln. Jeder Finanzbeamte oder Soldst, der Dinge tut weil ihm persönlich als Schmidt oder Mayer das so besser gefällt wird gefeuert. Probier ma die nächste Politesse, die Dir ein Ticket verpasst, als Individuum anzusprechen, die wäre a) total empört und b) würde sie sich weigern sich drauf einzulassen. "Ich tue hier nur meinen Job". Andersrum und zugespitzt: Eine Isntitution, deren Mitglieder reinweg als Individuen handeln, hat alle ihre Nützlichkeit verloren.



Klar gibt es aber trotzdem Individuen. Aber kann deren tun und lassen in der simplen Summe Gesellschaft erklären? Ich denke Nein. Auch ich bestehe aus Molekülen, klar. Bin ich deswegen durch chemische Gesetze geprägt? Klar, ich brenne oder gehe in Waser unter und am Ende verrotte ich, OK. Aber ist mein Verhalten aus dem Periodensystem der Elemente ableitbar? Nö. Die Tatsache meiner Zusammensetzung hilft also nicht weiter beim verstehen meiner Person. So auch bei Gesellschaften und Individuen.

Alle kritischen gesellschaftswissenschaftlichen Ansätze oder Theorien (und einige andere!) gehen davon aus, dass die Gesellschaft einen Funktionszusammenhang darstellt. Der ist historisch gewachsen, hat aber eine gewisse Eigengesetzlichkeit erreicht, durch institutionen, durch kultur etc., aber nicht nur dadurch. Daher sind die Individuen in ihm relativ unbedeutend, sie sind als einzelne Menschen flüchtig, unwichtig und unerheblich (die kritischen Theorien sagen dazu: Leider; die anderen: Geht nicht anders). Daher kann man gesellschaftliche Funtkionszusammenhänge nicht aus dem Handeln von einzelnen Menschen ableiten, also z.B. aus dem Menschenbild des Homo Oeconomicus ableiten, warum Handel stattfindet. Der Gedanke wäre stattdessen eher andersrum: Am Verhalten der Menschen kann man nur ablesen, zu welchen - von den Einzelnen zunächst unbeeinflussbaren - Rahmenbedingungen sich Gesellschaft verdichtet hat.

Sowohl Marx, als auch Adorno, als auch z.B. Luhmann kommen in der Gesellschaftsheorie (nur dort) fast ganz ohne Handlungsthorie aus. Individuen braucht man nicht, um Gesellschaft zu erklären. Dass es Kapitalismus gibt hängt nicht damit zusammen, dass Leute sich täglich neu dazu entscheiden, handeln treiben oder Profit erwirtschaften zu wollen - andersrum: Weil es Kapitalismus gibt, auch jenseits des Wollens oder Wissens der Einzelnen, können sie sich nur ernähren und reproduzieren, wenn sie den vorherrschenden Gesetzen der Warenproduktion, der Mehrwertschöpfung, der Lohnarbeit etc. folgen. Bei Marx sind das Kapitalverhältnis und die Warenproduktion natürlich historisch entstanden, aber so lange sie existieren, so lange determinieren sie, was Menschen tun. Und diese Grundlagen sind zwar in Institution sedimentiert, ja, aber eben auch in den Verkehrsformen der Gesellschaft, ihrer Produktionsweise, ihrer gesamten wirtschaftlichen und geistigen Organisation etc.

Bei Luhmann - der linkslastigkeit ganz unverdächtig - gibt es in der ganzen Systemtheorie übrigens auch keine Individuen, sondern Funktionssysteme, in denen dann wieder Kommunikation und deren spezifische Medien. Die Individuen können mit diesen Regeln und Gegebenheiten jeweils nur umgehen, aber sie tun als Einzelne nichts dazu, sie zu setzen oder zu verändern, die Gesellschaft als Ganze differenziert sich funktional aus, nicht nach willentlicher Steuerung oder durch Handeln Einzelner.

Allerdings ist der Unterschied nun, dass Marx das doof findet, dass die Menschen wie Ameisen in einem Ameisenstaat keinen bewußten Einfluß auf ihr Schicksal haben, und zeitweise hofft und denkt, das ließe sich wenigstens in historischem Maßstab durch einen einmaligen, kollektiven und radikalen Bruch mit allem auf einmal im richtigen Moment (!) ändern. Luhman juckt das hingegen nicht, und er glaubt auch nicht, das sich das ändern ließe oder man es auch nur versuchen solle; Adorno würde zwar gerne, sieht aber nicht mehr, wie es funktionieren sollte. Etc.
Alle drei sind meinem Denken und Verstehen dabei sympathischer als der (schein-) liberale Unfug, das Gesellschaft einfach die Addition des Hndelns aller an ihr Beteiligten wäre. Das ist m.E. wirklich nur naiv.

__
Wo S, man kann ja auch ohne Dialektik glücklich werden. Aber wenn es Dich so fuchst, dann lies doch einfach mal was von Hegel, Marx oder Adorno, was dich der Sache nach interessiert. Evtl. siehst Du dann ja im sich-entfalten der Argumentation, was sinnvoll und produktiv an Dialektik sein könnte. Ich weiß nicht wie ich es hier weiter abstrakt erläutern kann. Es ist sowas wie eine Grammatik des Denkens, das lässt sich nicht allgemein darstellen. Oder ich bin zu doof dazu

. traurig
21.06.2015 12:07:29  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Wenn es eine Grammatik des Denkens ist, sollte es ja eigentlich gerade deswegen möglich sein, sie abstrakt darzustellen.

Marx steht auf meiner ToDo-List, geleitet von Heinrich, der aber selbsterklärt wenig auf Dialektik gibt... ...Hegel hat es bisher nicht ernsthaft geschafft, mich zu begeistern, wann immer ich versucht habe, über Wikipedia mehr zu lernen als mein aktuelles Wissen "war Philosoph, Feuerbach (war Philosoph, hat was mit Hegel und Marx zu tun...?) hat was damit zu tun...?". Er wird immer genannt, wenn es um Dialektik geht, aber darüber hinaus...? verwirrt

Dazu kommt, dass es unfassbar schwer ist, eine Einführung zu finden, die nicht entweder einer Geheimwissenschaft gleicht oder gleich mit irgendwelchem marxistisch-religiösen Hirnwäscheprogramm daher kommt.traurig Ich habe ja nichts gegen Kommunismus, kritische Theorie und all das - aber warum muss das immer so verbetonköpfig daherkommen?

I got laid. Woo, high five.
21.06.2015 12:21:52  Zum letzten Beitrag
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~Bulkhe@d~

AUP ~Bulkhe@d~ 30.01.2008
 
Zitat von RushHour

Sorry Bulkhead, wir sind selten einer Meinung, aber das ist jetzt nicht Dein Ernst, oder? Insitututione bestehen aus Individuen? Banal, Klar. Aber täten sie das im wesentlcihen, dann wären sie nutzlos. Ganz ohne linksradikales rumagitieren: Das ist Quatsch. Institutionen sind geschaffen worden, eben um Individualität auszuschalten oder wenigstens zu zu begrenzen. Guck Dir simple staatliche Bürokratien an: Die sollen nach abstrakten allgemeinen Regeln funktionieren, und die Individuen haben diese umzusetezn, ob es ihnen persönlich gefällt oder nicht, und egal welche private Meinung sie dazu haben. Bürokraten sind, wie Soldaten, dadurch gekennzeichent, dass sie NICHT individuell handeln, sondern nach verallgemeinerten Regeln. Jeder Finanzbeamte oder Soldst, der Dinge tut weil ihm persönlich als Schmidt oder Mayer das so besser gefällt wird gefeuert. Probier ma die nächste Politesse, die Dir ein Ticket verpasst, als Individuum anzusprechen, die wäre a) total empört und b) würde sie sich weigern sich drauf einzulassen. "Ich tue hier nur meinen Job". Andersrum und zugespitzt: Eine Isntitution, deren Mitglieder reinweg als Individuen handeln, hat alle ihre Nützlichkeit verloren.



Natürlich ist das mein Ernst. Das war deine Aussage:

 
Zitat von RushHour

Dass die gesellschaftsich aus Individuen zusammensetzt ist echte liberale verwirrungsideologie.



Jetzt erklärst du mir, dass sie das selbstverständlich tut und das ja banal ist (ja das ist es) und fragst mich ob das mein Ernst ist.
Mir ist die Funktion von Institution durchaus klar und mir ist auch klar, dass man zur Erforschung und Beschreibung von Gesellschaften unterschiedliche Brillen aufsetzen kann. Und trotzdem besteht die Gesellschaft aus Individuen, ja banal aber mit Sicherheit keine liberale Verwirrungsideologie. Es ist auch völlig legitim Gesellschaften von der Individualebene aus zu betrachten, wenngleich das selbstverständlich, wie jede andere Perspektive auch, Beschränkungen unterliegt.

Ok, dann nehmen wir einmal an, dass ich dein Statement nicht genügend abstrahiert habe, was ja dein Folgetext nahelegt, in dem es jetzt durchaus Individuen gibt. Also geht es jetzt wohl darum, dass eine Gesellschaft durch den Blick auf Individuen nicht ausreichend erklärbar ist - soweit bekannt und klar. Mir wäre aber auch kein liberaler Ideologe bekannt, der Gesellschaften ausschließlich aus der Individualperspektive erklären will.



 
Zitat von RushHour
[b]
Alle drei sind meinem Denken und Verstehen dabei sympathischer als der (schein-) liberale Unfug, das Gesellschaft einfach die Addition des Hndelns aller an ihr Beteiligten wäre. Das ist m.E. wirklich nur naiv.



Die Tatsache, dass Institutionen die Gesellschaft mitbestimmen ist mit der "Addition des Handelns aller" ebensowenig unvereinbar wie eine systemtheoretische Betrachtung. Die Institutionen sind auch durch Handlungen von Individuen entstanden, die Sinnhaftigkeit von diversen Theorien besteht unter anderem darin die Komplexität dieser völlig unüberschaubaren Handlungen zu reduzieren und Erklärungsmuster zu finden. Die Gesellschaft ist letztendlich das Handelns aller nur ist diese Erklärung sozialwissenschaftlich so wertvoll als würde sich ein Physiker hinstellen und sagen, dass die Welt eben aus Atomen, Quarks oder sonstwas besteht. Ja das ist banal, aber ebenso fundamental und keine liberale Verwirrungsideologie. Wütend
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von ~Bulkhe@d~ am 21.06.2015 18:56]
21.06.2015 16:48:28  Zum letzten Beitrag
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NotOnTour

Deutscher BF
 
Zitat von Wraith of Seth
geleitet von Heinrich, der aber selbsterklärt wenig auf Dialektik gibt... ...



Hast du mir da ein Zitat/Quelle?
21.06.2015 17:13:11  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
 
Zitat von NotOnTour

 
Zitat von Wraith of Seth
geleitet von Heinrich, der aber selbsterklärt wenig auf Dialektik gibt... ...



Hast du mir da ein Zitat/Quelle?


In ein paar Tagen, wenn die Bücher hier angekommen sind, ja.

Erinner mich nochmal dran.

¤DIT: Wiki hat zumindest ein Zitat einer Kritik zu Heinrich diesbezüglich.

Live long and prosper.
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Wraith of Seth am 21.06.2015 20:25]
21.06.2015 20:16:11  Zum letzten Beitrag
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NotOnTour

Deutscher BF
Mh, okay. Ich hatte sein Büchlein auch mal in der Hand und mir ist derlei nicht aufgefallen, deshalb hat mich das gewundert. Letztendlich kommt man halt um das Original nicht herum, wenn man sich nicht auf die Rezeptionsleistung von Dritten verlassen will.
21.06.2015 20:46:01  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Ich hoffe, dass diese Diskussion hier reinpasst und weitergeführt werden kann...

 
Zitat von sprachdelle


In dieser Position kann ich das ganz gut, weil ich dort eben _vermitteln_ muss. Das ist meine Aufgabe, die ich erfülle. Öfter mal eine andere Ebene einnehmen zu können, hilft dabei, das ganze zu strukturieren.

Aber hier im Forum vermittle ich nicht, sondern tue meine eigene Meinung kund. Und dann befinde ich mich in der gleichen Lage - wenn auch die Diskussionsebene nominal betreffend an anderer Stelle - genau so _in_ einer der Positionen wieder, zwischen denen ich sonst vermittle.

Dazu eine Metaebene einzunehmen, wäre in etwa so, wie von einem Menschen zu verlangen, mehr zu leisten, als die eigene Rationalität zu leisten vermag (mithin: Gott-Position einzunehmen).

//Da du es kennst: Im Sprachgebrauch von Hofstadter zu sagen: In der Positionen des Vermittelnden befinde ich mich aus der Position der Argumentierenden im I-Modus, während sich diese im M-Modus befinden. Wenn ich aber selbst im M-Modus bin, von mir zu verlangen den I-Modus einzunehmen, wäre in etwa die Forderung, Rationalität mit etwas anderem (abstrakteren) als Rationalität selbst beleuchten zu sollen.


Bildlicher gesprochen: Wenn hier jemand eine Frage zu abgefahrener Physik stellt, dann versuche(!) ich, diese so zu beantworten, dass man auch ohne (viel) Physik/Mathe diese verstehen kann. Das kann ich nicht, wenn ich wild mit den Begriffen meines Feldes und dem Ductus meines Feldes rumspiele. Das ist aber, was du tust.

Und soweit, wie du annimmst, bin ich nie im Hofstadter gekommen. Die Lektüre erwies sich als äußerst zäh.

Ich rede nicht davon, zwischen Positionen zu vermitteln, was wohl das ist, worauf du hinaus willst, sondern deine Position zu vermitteln. Das ist mehr eine Lehrtätigkeit, denn die eines Mediators, erfordert also auch weniger Meta als du da gerade annimmst. Sie erfordert nur, dass du aktiv auf "Defizite" im Vokabular deines Gesprächspartners eingehst.

Yes Boo, I agree. This group could do with a swift kick in the morals.
24.06.2015 12:56:31  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
 
Zitat von NotOnTour

 
Zitat von Wraith of Seth
geleitet von Heinrich, der aber selbsterklärt wenig auf Dialektik gibt... ...


Hast du mir da ein Zitat/Quelle?


Heinrich - der als Ökonom und Mathematiker ganz ganz toll ist, und außerdem ein wirklich total netter Kerl - ist kein Philosoph und steht Marx´ Philosophie eher skeptisch gegenüber. Zu Dialektik schreibt er primär was WoS sagt: Skeptisch bleiben. Ich würde Heirnich immer empfehlen um Marx zu verstehen.
Aber bei Dialektik wird er nicht weiterhelfen. Guck nochmal ins Manifest, das hast Du den Histomat (Historischer Materialismus) in - populärer - Reinform.
Hegel alleine lesen vergiß besser, ich hab die Rechtsphilosphie nur mit einem Prof., der die Gruppe privat betreut hat durchgeschafft, und der mußte uns immer sehr viel Kontext dazuerklären. Ich hab trotzdem nicht so viel verstaden wie ich wollte. Sowas geht m.E. nur an der Uni oder im Postgraduate-Kolleg oder so.
24.06.2015 16:46:07  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Das Manifest klingt auch von der Menge des Textes her machbar.

Was ist davon eigentlich die beste Textfassung? Englisch? Deutsch? Iirc kam das doch zuerst auf Englisch raus, oder?

Blow shit up, throw women through walls, got it.
24.06.2015 16:48:56  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Lesenswert
24.06.2015 22:11:36  Zum letzten Beitrag
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Smolletov

AUP Smolletov 24.02.2016
 
Zitat von [Amateur]Cain

Lesenswert


 
Guter Gag eigentlich.
Ich konnte nicht darüber lachen.


24.06.2015 22:29:38  Zum letzten Beitrag
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Der Menschenfreund

Arctic
 
Zitat von [Amateur]Cain

Lesenswert


Ich hatte bislang unterschätzt, wie detailliert die Kommentierung ausfällt. Ich hoffe nur, die wichtigen Anmerkungen gehen nicht in der Masse unter.
24.06.2015 22:48:01  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
 
Zitat von Der Menschenfreund

 
Zitat von Wraith of Seth

Mir fiele da spontan Singapur ein.


Das moderne Singapur?



Ok, ich glaube, ich habe eine andere Frage beantwortet (irgendwie habe ich Blödsinn gemacht beim LEsen, sorry). Letztlich muss man auf die Frage antworten: Welche nichtkapitalistischen Länder kämen denn dann überhaupt noch in Frage? Den Realsozialismus lehne ich ab und der würde auch schlecht als Antwort herhalten können (siehe Flashheads(?) Einwand). Die einzige Option, die ich sehe, wäre eben auf die historischen Beispiele einzugehen.

 
Und das hawaiianische Königreich, wo Umweltschutz und Jagdquoten durch Tapu gelöst wurden. In England gab es schon im 13. Jhd. Vorgaben, welche Kohle zu verbrennen war, wegen der Luftverschmutzung. In der Bibel finden sich bestimmt auch Regeln zum Umweltschutz - der Sabbat selbst war z.B. (iirc) eine Arbeitsschutzmaßnahme. Alles Zeiten, wo zwar Gewinnstreben durchaus existent war - das ist tatsächlich universell; aber von echtem Kapitalismus kann man frühstens seit der beginnenden Neuzeit sprechen und auch dann erstmal nur sehr begrenzt (Fugger, Medici, die Stadtstaaten am Mittelmeer).


Dass es historische Beispiele für Umweltschutz gibt, beantwortet meine Frage nicht. Es gibt auch historische, vorkapitalistische Beispiele für die Zerstörung der Umwelt, etwa die flächendeckende Abholzung von Wäldern.[/b][/quote]
Joa, das läuft eben wieder darauf hinaus, persönliches Gewinnstreben und altruistisches Streben (nagel mich bitte nich auf die Worte fest... ...ich hoffe, es ist klar, worum es mir geht) in den Handlungen festzumachen. Da findet man genug Beispiele in allen möglichen Kontexten zu.

Ich bin halt der Meinung, dass "der Kapitalismus" (im Sinne eines extrem marktliberalen Systems) persönliches Gewinnstreben bevorzugt, mit der Folge, das meritorische Güter zu einem Problem werden. (Danke an Devender für das heutige Erweitern meines Wortschatzes um diesen Begriff. )

 

 
Sicher geht ein Umweltbewusstsein mit Lebensstandard einher. Aber am stärksten sind dabei meistens die "sozialistischen", nordischen Staaten, wo enorm viel geregelt ist. Hat seinen Grund, dass Ikea eine niederländische Stiftung geworden ist...


Die skandinavischen Länder haben einen universalistischen Wohlfahrtsstaat und einige andere Regulierungen, die gerne herausgehoben werden, sind dafür in anderen Bereichen "kapitalistischer" als wir und gehören insgesamt ebenso zur Spitzengruppe kapitalistischer Länder wie Deutschland oder Großbritannien. Ob wir etwas von deren Systemen übernehmen sollten oder nicht, kann man diskutieren, ohne über Systemwechsel nachzudenken.


Ich halte mich zwar für enorm links, aber nicht für einen Revoluzzer. Ich werde nicht an Systemwechsel denken, solange ich nicht weiß, wohin. Mein Traum ist ein StarTrek-System - und ich glaube, der realistischste Weg dahin ist viel, viel stetige und kontinuierliche Arbeit am Ist-Zustand. Und dabei gerne den Markt massiv regulieren und ihm Steine in den Weg legen.

 
 
Ich gebe auch gerne zu, dass sich das raffgierige Gewinnstreben, das hinter den meisten Anklagen steckt, nicht auf den Kapitalismus beschränkt - dadurch, dass man im kapitalistischen System aber deutlich weiter weg von den Wirkungen seines Handelns (no pun intended) sein kann, macht es die empathische Verbindung noch schwächer. Kombiniert man das damit, dass die kapitalistischsten Bereiche Psychopaten sammeln, wundert es nicht mehr, wenn die Yes Men Gilda erfolgreich vorstellen konnten.


Den gesamten Absatz verstehe ich nicht. Warum ist man weiter entfernt von den Folgen? Was sind "kapitalistische Bereiche"?


Erst mit der industriellen Revolution und dem Aufkommen des Kapitalismus entstanden überhaupt erst die Möglichkeiten, (z.B.) eine Firmenstruktur zu erschaffen, die viel Gewinn erwirtschaftet, dabei aber Verantwortung seltsam umverteilt. Zwar ist ein CEO verantwortlich für die Firma, aber nicht für die Arbeiter und erst recht nicht für die Leiharbeiter, die ja nicht mal bei seiner Firma angestellt sind, sondern bei einer Leiharbeitsfirma. Wenn jetzt die Chefetage Maßnahmen vorgibt, die nur durch enorm menschenunwürdige Scheinselbstständigkeit o.ä. umgesetzt werden können, geschieht das nicht direkt DURCH die Chefs, sondern auf den Hierarchieebenen darunter, wo diese Leiharbeiter/"Selbstständigen" dann eingestellt werden. Amazon, hermes, bofrost, ... Die Verantwortung für das Kapital ist eine andere als die Verantwortung für die moralische Integrität und wird größtmöglich entkoppelt. Das hindert einerseits empathische Nähe zu den "Arbeitern" (die ja mitunter gar nicht "deine" Arbeiter sind, warum also für sie verantwortlich fühlen?), andererseits hat man mit dem enorm ausgeklügelten Dienstleistungsbereich der Banken (oder Aktionäre) den Gipfel davon, weil die Banken/Aktionäre massiven Einfluss nehmen können, ohne eigentlich wirklich zu der Firma zu gehören. Das letztere meine ich mit "kapitalistischen Bereichen". Wenn ich Marx richtig verstanden habe (oh Gott, was für ein "Wenn"...traurig), ist dieser "Bereich" ja gerade das neue am Kapitalismus - das Geld, das Kapital wird selbst zur vollwertigen Ware.

 

 
Das System züchtet sich eine Führungsrige mit geringer Empathie heran - was will man da noch zu sagen?


Das machen auch politische Systeme, deren Relevanz in der Regel steigt, wenn man die marktwirtschaftliche Alternativen einschränkt.


Hier bin ich jetzt sicher, dass ich dich nicht verstehe...verwirrt

Taking advice from cartoon characters is probably a bad idea.
26.06.2015 17:29:56  Zum letzten Beitrag
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Fragment

AUP Fragment 02.02.2014
...
 
Zitat von Wraith of Seth

Mein Traum ist ein StarTrek-System - und ich glaube, der realistischste Weg dahin ist viel, viel stetige und kontinuierliche Arbeit am Ist-Zustand.



Das bringen sie dir nicht an der Uni bei.
26.06.2015 17:54:02  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
 
Zitat von Fragment

 
Zitat von Wraith of Seth

Mein Traum ist ein StarTrek-System - und ich glaube, der realistischste Weg dahin ist viel, viel stetige und kontinuierliche Arbeit am Ist-Zustand.



Das bringen sie dir nicht an der Uni bei.


Doch, aber nicht in meinem Fach. Bzw. in meinem Fach betreibt man viel, viel stetige und kontinuierliche Arbeit an einem anderen Ist-Zustand.

Jeder, der hier irgendwie das "Unis sind Elfenbeintürme" oder "Unis sind weltfremd" oder "An der Uni arbeitet man ja nicht richtig" einwirft, hat keine Ahnung und darf sich gepflegt ins Knie ficken.

What's wrong with scientists is that you do see wonder and beauty in everything.
26.06.2015 17:56:49  Zum letzten Beitrag
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Fragment

AUP Fragment 02.02.2014
...
Geht auch um das "StarTrek-System".
26.06.2015 18:00:34  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
 
Zitat von Wraith of Seth

Das Manifest klingt auch von der Menge des Textes her machbar.
Was ist davon eigentlich die beste Textfassung? Englisch? Deutsch? Iirc kam das doch zuerst auf Englisch raus, oder?
Blow shit up, throw women through walls, got it.



Marx schrieb auf deutsch, aber im engl. Exil. Kannste also, wie alles von Marx, auf dt. lesen. Solltest Du sogar. Dietz-Verlag, kleines Reclam-ähnliches Heftchen, gibts überall für ein paar cent. Ist aber eine typisch politisch-literarische Schrift, keine philosophisch-ökonomische. Marx schriebt in diesen beiden Textgattungen sehr unterschiedlich, nicht wundern.
26.06.2015 18:02:22  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Ich hatte das eh abgespeichert als "aufrührerisches Frühwerk" und das Kapital als "resigniertes, akademisches Spätwerk".

Kanonische Transformationen sind Symplektomorphismen im Phasenraum.
26.06.2015 18:03:48  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
 
Zitat von Der Menschenfreund

 
Zitat von [Amateur]Cain

Lesenswert


Ich hatte bislang unterschätzt, wie detailliert die Kommentierung ausfällt. Ich hoffe nur, die wichtigen Anmerkungen gehen nicht in der Masse unter.



Ich hab mal ne kommentierte Fassung der Edda versucht zu lesen. In ungefähr jeder Zeile stand ne Fußnote:
"Bedeutung unklar"
"nicht vollständig übersetzt"
"Bedeutung unklar"
"Bezug nicht geklärt"
...


So stelle ich mir das bei Mein Kampf auch vor:
"Das ist Unsinn ... das auch ... das ist nun ganz großer Mist ... wieder Unsinn ... einfach gelogen ... stimmt so nicht ... Unsinn ..." Eigentlich würden sich da Smilies zur Kommentierung anbieten, die man an den Seitenrand postiert:
Kopf gegen die Wand schlagenHmmmHaare zu Berge stehenWütendPillepalleetwas für sehr schlecht befinden
Immer abwechselnd.
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von RushHour am 26.06.2015 18:06]
26.06.2015 18:06:23  Zum letzten Beitrag
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