|
|
|
|
| Zitat von Atomsk
apropos lotr:
welche hardcover ausgabe (englisch) sollte man sich denn anschauen, wenn man einerseits was halbwegs hübsches im regal stehen haben, sich andererseits nicht dem organhandel hingeben will?
wäre cool, wenns wenigstens die originale trilogie und das silmarillion im gleichen stil gäbe. wenn mehr, würd ich mich nicht beschweren.
| |
Erstausgabe natürlich.
|
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von gonzo am 14.01.2021 13:47]
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
*Happy Vorderlader Noises*
|
|
|
|
|
|
|
Ich glaube die Bücher wird er aus purem Trotz nie lesen
|
|
|
|
|
|
|
Alter, was, ich hab Band 1 doch schon.
|
|
|
|
|
|
|
Ja, nu. Askir hast du auch nie gelesen!
|
|
|
|
|
|
|
| Zitat von Armag3ddon
Ja, nu. Askir hast du auch nie gelesen!
| |
Natürlich. Aber halt auch wieder aufgehört, weil kacke.
|
|
|
|
|
|
|
Askir ist tatsächlich noch besser geworden und ich schäme mich nur ein bisschen, dass ich es komplett gelesen habe.
|
|
|
|
|
|
|
Ich kann es nicht glauben, ich bin mehr viertes Haus als sechstes.:(
Cixin Liu* - The Three-Body Problem
Das war echt, echt gut. Ich glaube, ich mag LeGuin immer noch lieber, weil ISSO, aber Liu (oder zumindest Ken Lius englische Übersetzung) ist definitiv packender als Leguins Schreibe...
Dieses Review wird einen langen Spoilerpart enthalten, der weniger Handlung als Themen vorweg nimmt. Handlung wird wenn in einem separaten Post aufgegriffen (in Spoilern), aber dieses Buch ist, wie Daniel Greene auch in seinem Review deutlich sagt, ein Buch über Ideen. Die zu entdecken, nimmt deutlich mehr Platz ein, als die eigentliche Handlung. Daher finde ich es sinnvoll, selbst diese eher abstrakte Sache in Spoiler zu packen. Am Ende folgt ein kleinerer Spoiler, der ein, zwei Elemente spoilert, von denen eines schon in Greenes Videoreview gespoilert wird. Allerdings nur ein Spoiler im Sinne von: "Dieses Element kommt vor.", nicht, was konkret damit gemacht wird. Handlung? Ja, schon. Aber imho deutlich weniger frustrierend, es zu wissen, wenn man Spoiler nicht leiden kann, als die Themen, die abgearbeitet werden.
Sehr schön: Übersetzer und Autor haben beide ein eigenes Nachwort, das sich lohnt zu lesen. Unter anderem erfährt man so, dass die Übersetzung einige der chinesischen Geschichtsreferenzen im Text bereits erklärt. Ich vermute, das war der Grund, warum ich nicht das Gefühl hatte ständig im Regen zu stehen, wenn auf Aspekte davon Bezug genommen werden. Wo das schwerer möglich war, findet man seltene Fußnoten, die das näher erläutern.
Es gab eine Szene, bei der ich mich instantan an Märchen oder Sagen erinnert fühlte, rein vom Aufbau her. Möglich, dass hier eine Anspielung auf chinesische Klassiker vorliegt, die an mir vorbeigegangen ist. Wundern würde mich das nicht, denn die Geschichte ist sehr sauber konstruiert. Ich fand das hervorragend dosiert: Genug, dass man es merkt, und die Gedanken gut gelenkt werden, nicht so sehr, dass die Handlung ins Hintertreffen gerät oder aufgesetzt wirkt.
Die Kulturrevolution bietet den Einstieg und ein wiederkehrendes Thema in der persönlichen Geschichte der einzelnen Figuren; ich wage zu behaupten, auch darüber hinaus (mehr unten). Aber so absurd und übertrieben (und, verglichen mit der Realität untertrieben) die Gewalt in diesen Passagen ist, ist die eigentliche Handlung eher vergleichbar mit dem, was man z.B. in Schätzings Limit zu lesen bekommt: Vorhanden, aber nicht übermäßig grausam.
Die Figuren fand ich allesamt glaubwürdig und fesselnd. Den Eindruck anderer, dass sie gefühlskalt oder distanziert sind, hatte ich nicht. Schätzings Darstellung chinesischer Figuren fand ich da irgendwie seltsamer und vor allem mitunter unnötig exotisierend. Vor allem, dass "Gesicht" deutlich weniger ins Gewicht fällt als bei Schätzing fand ich interessant; kann aber sein, dass das in der Übersetzung bewusst verloren ging. Eine Figur, die betont brüskierend auftaucht, wirkt da manchmal etwas aufgesetzt, möglich, dass das im Original dann natürlicher wirkt. Ich gehe auch davon aus, dass LeGuin mich da gut vorbereitet hat, da ihre Figuren sehr ähnlich wirken, ebenso hilft es, jahrelang unter Akademikern verbracht zu haben: Da große Teile der Charaktere Akademiker sind, die einerseits oft deutlich kosmopolitischer sind als "der Rest", andererseits aber eben auch oft skurrilere Marotten haben und häufiger distanziert oder unterkühlt rüber kommen, ist das einfach ein vertrautes Milieu.
Das bringt mich auch schön auf eine andere Sache: Die Wissenschaft selbst. Die ist erstaunlich gut rübergebracht, und selbst wenn bewusst Clarkes drittes Gesetz bemüht wird und Technologie bis zum magischen getrieben wird, geschieht das betont wissenschaftlich. Das sind dann aber leider auch die Fälle, wo es arg drüsch werden kann... Solange die Wissenschaft aber "gegenwärtig" bleibt, ist es atemberaubend gute, harte Scifi, weil z.B. Szenen existieren, in denen man Wissenschaft dabei zu sehen kann, wie sie geschieht, und das sehr treffend beschrieben. Irre. Großartig. Selbst sehr technische Begriffe werden, soweit ich das überblicken konnte, größtenteils an der korrekten Stelle verwendet; ich bin mir nicht sicher, ob ich jeder Beschreibung der Effekte des eigentlichen Drei-Körper-Problems vertraue, aber... Das ist halt auch echt weird. Vor allem, weil es eigentlich ein noch schlimmeres Problem ist, weil vier Körper. Ich habe dabei festgestellt, dass ich zwar mehrere Bücher habe, die sich mehr oder weniger mit dem n-Körper-Problem beschäftigen, aber tatsächlich einige der Stichworte, die Liu verwendet, NICHT erwähnen. Hut ab. Saugut recherchiert. Und: Das geschieht alles auf einem Level, wo trotz der Fachwörter und Beschreibungen auch Laien nicht abgeschreckt werden dürften - solange sie halt mit dem Standard der harten Scifi zurecht kommen.
Nun der "Themen"-Spoiler:
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Wissenschaft und wie sie Teil der Gesellschaft ist, ist das Hauptthema; das wird auch sehr vielfältig durchgespielt. Sehr schön finde ich, dass unter anderem auch der Finger drauf gelegt wird, dass Wissenschaft induktiv ist, und damit explizit nicht, was Mathematik/Logik tun wollen. Wenn ich sage, dass morgen die Sonne aufgeht, ist das eine Aussage über mein Modell, und meinen Glauben, dass dieses Modell die Welt beschreibt. Da gibt es gute Gründe für, aber Liu findet eine geschickte Spielerei, um das handlungstragend zu machen.
Ein anderes Thema, was ich sehr faszinierend fand, ist eine konstante Abrechnung mit der Menschheit. Und das ist wirklich die große Stärke des Buches, denn obwohl durchaus große Argumente da rausgehauen werden, gerade was Umweltschutz angeht, sind die entscheidenden Momente immer persönlich, intim und emotional nahbar.
Der folgende Spoiler enthält "Handlung" im Sinne von "dieses Trop kommt vor": Ich erwähne zwei Waffen, die an der Wand hängen, nicht, wie sie eingesetzt werden.
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Der große Handlungsbogen wird von Außerirdischen und SETI getragen. Ich hatte den Eindruck, dass das Buch am stärksten war, als das alles im Hintergrund ablief, zum Ende wurde es deutlich expliziter und ich hatte den Eindruck, dass die Aliens oft als recht einfach gestrikte Symbole zur Interpretation des Lesers herhalten müssen, statt als die komplex motivierten Akteure, denen man auf der irdischen Seite begegnet.
Dafür war ich positiv überrascht von dem anderen großen Feature, dem VR-Online-Spiel, das - iirc - auch auf dem Buchrücken Erwähnung findet. Da ich erst relativ kürzlich HaltinG StatE und Snow Crash gelesen hatte, war es schwer, da nicht ein überstrapaziertes Motiv zu erwarten, aber hier passt das wirklich hervorragend und Liu liefert erstaunliche Twists dafür, die es großartig in den großen Handlungsbogen einfügen, statt einfach nur ein wilder Gimmick zu haben.
_______________________________________
Von mir eine große Empfehlung - mit dem Caveat, dass man vor der Kaufentscheidung wissen sollte, dass man damit einen Yes-Man der chinesischen Regierung unterstützt, der auch die Lager in Xinjiang gutheißt. Ich wusste das erst, nachdem ich die drei Bücher im Schrank stehen hatte. Ich weiß nicht, ob ich sie mir gekauft hätte, wenn ich das vorher gewusst hätte. Aus vielen Artikeln über ihn oder das Buch klingt ein bisschen raus, dass Leute darüber verblüfft sind; ich jetzt nicht so. Das Buch ist ambivalent genug, dass es viele verschiedene Lesarten zulässt, auch eine, die zu dem passt, was man mittlerweile von seinen (öffentlichen) Positionen weiß. Möglich, dass die zwei nächsten Bücher da mehr in die eine oder andere Richtung neigen, aber das wäre schade. Die Ambivalenz war gerade eine der Stärken des Buches.
Ich bin gespannt, ob ich direkt mit Dark Forest weitermache oder erst mal was anderes dazwischen schiebe...
*) Ich habe mich für die deutsche Reihenfolge der Namen entschieden. Grund? Ich habe keine Ahnung.
The good life is one inspired by love and guided by knowledge.
|
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Wraith of Seth am 17.01.2021 2:45]
|
|
|
|
|
|
Hat jemand schon die Malazan Book of the Fallen Serie von Steven Erikson gelesen und kann was dazu sagen? Das erste Buch soll ja sehr verwirrend sein, aber insgesamt soll es dann alles sehr epic und toll werden, wenn man Reviews so glaubt.
|
|
|
|
|
|
|
Da ist das erste Dutzend Bücher verwirrend. Danach hat man eine grobe Ahnung worum es gehen könnte. Wenn man die ersten Bücher durchgehalten hat, dann wird es ganz gut. Man braucht aber eben etwas Geduld
|
|
|
|
|
|
|
Spoilerfrei
|
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von [Amateur]Cain am 17.01.2021 11:52]
|
|
|
|
|
|
Irgendwann lese ich das auch noch Mal komplett am Stück. Ich glaube mir fehlen die letzten beiden Bände aber ich würde das nicht nicht mehr beisammen bekommen, da ich den Kram vor ein paar Jahren gelesen habe.
|
|
|
|
|
|
|
Jo, das erste Buch lang kapierst du auf jeden Fall vieles nicht und musst dich später gut daran zurückerinnern können.
|
|
|
|
|
|
|
Es hilft dann auch nicht, dass das zweite Buch auf einem anderen Kontinent und großteils anderen Charakteren spielt.
|
|
|
|
|
|
mumpfelgrumpf
|
| Zitat von Wraith of Seth
Three-Body-Problem
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Ein anderes Thema, was ich sehr faszinierend fand, ist eine konstante Abrechnung mit der Menschheit. Und das ist wirklich die große Stärke des Buches, denn obwohl durchaus große Argumente da rausgehauen werden, gerade was Umweltschutz angeht, sind die entscheidenden Momente immer persönlich, intim und emotional nahbar.
| |
Puh, da bin ich aber froh, dass es dir gefällt - Kritik an diesen Büchern vertrage ich nicht so gut, weil sie für mich zum Besten gehören, was ich je lesen durfte.
Zum Spoiler:
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Diese "Abrechnung" kann ich nicht nachvollziehen. In den Büchern schafft es die Menschheit immer wieder, sich an die schwierigen Umstände anzupassen. Als ich das gelesen hatte, dachte ich immer nur, dass die "heutige" Menschheit das niemals so souverän hinkriegen und eher verderben würde.
Dass Liu die Internierungslager unterstützt, hätte ich auch nicht gedacht. Die Kulturrevolution zB wird eindeutig kritisiert. Vielleicht sagt er es auch nur, weil er als bekannter Autor es sich nicht mit der Partei verscherzen will? Vielleicht steht zuviel aufm Spiel?
Aber es ist generell schwierig für uns Europäer, irgendwas mit diesen Lagern nachvollziehen zu können. Ist eben doch eine ganze andere Mentalität, auch wenn ich das beim Lesen nicht so gedacht hab.
Die beiden anderen Teile stehen dem 1. in nichts nach, haben sogar noch eine viel größere Reichweite und sind genauso logisch befriedigend und belohnend aufgeschlüsselt. Geiles Zeug! Der hat auch noch "Ball Lightning" geschrieben, nicht minder gut und kann vong Story her sogar als Prequel interpretiert werden.
|
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Mürbchen 3rd am 17.01.2021 11:34]
|
|
|
|
|
|
| Zitat von Armag3ddon
Es hilft dann auch nicht, dass das zweite Buch auf einem anderen Kontinent und großteils anderen Charakteren spielt.
| |
Ohne Scheiß ich glaube man braucht wirklich wenigstens 6 Bände, damit man versteht worum es geht und selbst danach hat man immer noch wtf Momente, wo man mehrere hundert Seiten lang nicht weiß, was da gerade passiert.
Trotzdem fand ich es großartig.
|
|
|
|
|
|
|
| Zitat von M`Buse
| Zitat von Armag3ddon
Es hilft dann auch nicht, dass das zweite Buch auf einem anderen Kontinent und großteils anderen Charakteren spielt.
| |
Ohne Scheiß ich glaube man braucht wirklich wenigstens 6 Bände, damit man versteht worum es geht und selbst danach hat man immer noch wtf Momente, wo man mehrere hundert Seiten lang nicht weiß, was da gerade passiert.
Trotzdem fand ich es großartig.
| |
Wenn dich so ein Leseerlebnis erfreut, lies den zweiten Band der Locked-Tomb-Trilogy.
Grab him! - And risk the grappling rules?
|
|
|
|
|
|
|
Den ersten Band hab ich schon auf dem Kindle, weil ihr Ficker mich derart angefixt habt, dass ich nicht auf den dritten Band warten kann
|
|
|
|
|
|
|
Hab's als Audiobook angefangen, aber trotz großartiger Vorleserin ist es, glaube ich, nicht das richtige Format. Man ist auf dem Rennrad dann doch schnell mal abgelenkt oder muss sich auf etwas anderes konzentrieren, ich hab das Gefühl ich verpasse die ganzen Witze. Werde es wohl doch lieber Lesen.
|
|
|
|
|
|
|
Malazan hab ich glaub ich die ersten zwei oder drei gelesen (die englischen). Teilweise fand ichs ganz cool, aber war mir dann irgendwann auch zu viel Arbeit
|
|
|
|
|
|
|
| Zitat von Irdorath
Hab's als Audiobook angefangen, aber trotz großartiger Vorleserin ist es, glaube ich, nicht das richtige Format. Man ist auf dem Rennrad dann doch schnell mal abgelenkt oder muss sich auf etwas anderes konzentrieren, ich hab das Gefühl ich verpasse die ganzen Witze. Werde es wohl doch lieber Lesen.
| |
Ähm ja Muir ist echt nix zum nebenher hören, dazu ist die Sprache zu komplex und in Band 1 hat man oft genug selbst als konzentrierter Leser meiner Erfahrung genug alle Mühe damit im Blick zu haben welche Necromancer aus welchem Haus gerade was treiben.
|
|
|
|
|
|
|
Als Hörbuch höre ich gerade Brent Werks Lightbringer. Hat das sonst noch jemand gelesen? Ich mag die Bücher.
|
|
|
|
|
|
|
Huch, das wurde länger als gedacht...
| Zitat von Mürbchen 3rd
| Zitat von Wraith of Seth
Three-Body-Problem
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Ein anderes Thema, was ich sehr faszinierend fand, ist eine konstante Abrechnung mit der Menschheit. Und das ist wirklich die große Stärke des Buches, denn obwohl durchaus große Argumente da rausgehauen werden, gerade was Umweltschutz angeht, sind die entscheidenden Momente immer persönlich, intim und emotional nahbar.
| |
Puh, da bin ich aber froh, dass es dir gefällt - Kritik an diesen Büchern vertrage ich nicht so gut, weil sie für mich zum Besten gehören, was ich je lesen durfte.
Zum Spoiler:
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Diese "Abrechnung" kann ich nicht nachvollziehen. In den Büchern schafft es die Menschheit immer wieder, sich an die schwierigen Umstände anzupassen. Als ich das gelesen hatte, dachte ich immer nur, dass die "heutige" Menschheit das niemals so souverän hinkriegen und eher verderben würde.
Dass Liu die Internierungslager unterstützt, hätte ich auch nicht gedacht. Die Kulturrevolution zB wird eindeutig kritisiert. Vielleicht sagt er es auch nur, weil er als bekannter Autor es sich nicht mit der Partei verscherzen will? Vielleicht steht zuviel aufm Spiel?
Aber es ist generell schwierig für uns Europäer, irgendwas mit diesen Lagern nachvollziehen zu können. Ist eben doch eine ganze andere Mentalität, auch wenn ich das beim Lesen nicht so gedacht hab.
Die beiden anderen Teile stehen dem 1. in nichts nach, haben sogar noch eine viel größere Reichweite und sind genauso logisch befriedigend und belohnend aufgeschlüsselt. Geiles Zeug! Der hat auch noch "Ball Lightning" geschrieben, nicht minder gut und kann vong Story her sogar als Prequel interpretiert werden.
| |
Auf Ball Lightning verweist ja sogar eine Fußnote.
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Was die "Abrechnung" angeht: Ich wollte nicht behaupten, dass das Lius Abrechnung ist. Primär ist das halt Yes Abrechnung, die handlungstreibend ist. Und das ist selbst bei ihr nicht zeitlich konstant, wie der kurze Aufenthalt im Dorf nach der Geburt ihrer Tochter zeigt. Da Shi hat da ja auch eine völlig andere Haltung zu, obwohl er bestimmt ähnlich viel Scheiße zu sehen bekommen haben wird. Wang ist da auch sehr anders drauf - aber weil die Perspektive von Ye halt sehr speziell ist, hat die Erde jetzt eine Invasion an der Backe, oder so. Und mal ehrlich, wer hat nicht schon mal diese Momente, in denen man mit der Menschheit ob ihrer wiederholten und andauernden Idiotie und Grausamkeit hadert? Hesse hat ja auch erst Siddharta und dann den Steppenwolf geschrieben. Heißt ja nicht, dass man dem uneingeschränkt Recht gibt; aber zumindest ist Ye ein guter Repräsentant für Leute, die das halt (zumindest für einen großen Teil ihres Lebens) tun.
Das mit der "Mentalität" ist imho immer ein dämliches Gummiargument (ich will dir nicht vorwerfen, dass du "Mentalität" so einsetzt; ich rante einfach nur drauf los, weil mir das gerade angesichts der letzten zwei Jahre Leserei in den Fingern brennt). Schätzing nutzt diese Mentalitätsschublade sehr aktiv in Limit - jedes Mal wenn er Gesichtswahrung aus seiner Trickkiste holt. Auf der anderen Seite hast du LeGuin (wen sonst?), die halt aus Sicht eines Ethnologen schreibt. In Left Hand of Darkness hast du auch ganz, ganz krasse Konzepte von Gesicht in noch zentralerer Rolle, aber das wird nie als "ooooh, so alien!!!" vorgeführt, sondern als etwas, womit sich die Hauptfigur massiv schwer tut, weil ungewohnt. Bei Schätzing hingegen ist es für die Hauptfigur leicht zu navigieren, es wird nur für den Leser obfuskiert, damit es exotischer wirkt. Das ist billig. Und gerade beim Three-Body Problem hat eben überhaupt nicht den Eindruck, dass da ein unüberbrückbarer Abgrund zwischen den Mentalitäten existiert. Da bin ich auch nie mit Tuchmanns These vom "fernen Spiegel" übereingekommen. Ich hatte da den Eindruck, dass sie das immer leicht übertrieben für den Laienleser hochhielt und damit diesen Eindruck von "so fremd, das können wir nicht verstehen" erweckte, statt "so fremd, dass es ernste Arbeit ist, es zu verstehen". Und gerade "fremde Kulturen" der realen Welt befeuern das gerne auch noch, um sich irgendwie abzugrenzen. Halte ich für ziemlichen Käse und primär für einfaches Schubladendenken, Othering in jede Richtung und dämliche Gruppendynamik. Langer Rede kurzer Sinn: Dein erster Satz, "es ist schwierig [...]" ist treffgenau (mehr unten), aber das mit Mentalität in Zusammenhang zu bringen, finde ich irgendwie ungeschickt. Denn wenn überhaupt zeigt einem Three-Body Problem, dass man sich auch im Wahnsinn der Kulturrevolution in die Charaktere hinein versetzen kann.
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Ich kann jetzt natürlich nur auf Grundlage des ersten Bandes rumdeuteln, aber ich versuche mich da mal dran: Ja, ich habe den Eindruck, gerade aufgrund des letzten Kapitels, dass "Hoffnung" und "Optimismus" ganz klare Punkte auf seiner Agenda sind. Das ist ja auch ungefähr, was er in seinem Nachwort andeutet. (Wo er, imho, deutlich mehr als der "me so smart"-Scifi-Schreiber rüber kommt als im ganzen restlichen Buch. Witzig, die dazugehörigen Sympathiepunkte genau auf den letzten Seiten außerhalb des eigentlichen Romans zu verlieren.) Ich habe auch gehört, dass seine politischen Aussagen im Laufe der Jahre zunehmend pekingnaher und vorsichtiger geworden sind, gerade was die eher humanistischen "Die Menschheit muss zusammen finden!"-Messages angeht. Also gebe ich dir insofern Recht, dass ich auch den Eindruck habe, dass ihm diverse Leute im Nacken sitzen. Andererseits...
Spoiler - markieren, um zu lesen:
...gibt es genug Teile der Handlung, in denen der Zweck die Mittel heiligt. Sei es historisch, sei es persönlich, sei es auf der Erde oder auf Trisolaris. Klar, die Charaktere haben da Probleme mit, maßgeblich ja auch der Zuhörer auf Trisolaris.
Aber gerade weil das Buch da ambivalent ist, kann man das halt auch so lesen, dass "für das Wohl von X Y getan werden muss" und dann halt "China" und "die Auslöschung der uighurischen Kultur" eingesetzt werden kann. In chinesischen Verhältnissen wird es halt fürchterlich nervige Kaffeesatzleserei, was die Ansichten des Autors und was die Ansichten der Behörden im Hintergrund sind. Ich bin ja auch glücklich damit, dass das Buch mir da keine einfachen Antworten liefern will; die Ambivalenz passt zu dem hohen Einsatz um den es geht. Ich bin mir deswegen eigentlich auch sicher, dass diese Ambivalenz nicht mal ein Zeichen von Zensur ist - aber sie ist halt auch ein gutes Mittel, um sich an dieser vorbei zu schummeln. Die Kulturrevolution und deren offizielle Rezeption durch die KPCh hilft natürlich auch ungemein, ein ambivalentes Setting zu schaffen, mit dem man arbeiten kann, ohne sich politisch zu sehr aus dem Fenster zu lehnen.
Aber sobald dann der Ruhm so groß ist, dass Leute einem auch abseits der Buchseiten zuhören, muss dann halt leider in Interviews eine andere Lesart suggeriert werden. Ob das jetzt seine ist oder nicht, sei dahingestellt - das Problem ist, dass er damit zum Sprachrohr der menschenfeindlichen Politik Pekings wird.
So gut ich alleine dieses Buch fand - das ist Grund genug, warum man sich vor dem Kauf überlegen sollte, ob man das wirklich will vor diesem Hintergrund.
Auf einer völlig anderen Seite geschrieben stelle ich gerade fest, dass ich nicht so viel Elan an den Tag lege, den zweiten Band anzufangen, wie ich gestern noch hoffte. Ich glaube, daran merke ich, dass die Stärke halt die Ideen sind, nicht die Charaktere. Gib mir was charaktergetriebenes wie HP, Locked-Tomb, Harry Dresden, Sookie Stackhouse, Rivers of London und ich sauge das in einem auf... Was mich daran erinnert, dass ich dringen wieder Nachschub in der Richtung besorgen sollte, sobald ich in Prag angekommen bin. Ich muss das Lesepensum mal wieder ankurbeln.
Ich bin ausgeschlafen; ich hatte heute drei Tassen Kaffee.
|
|
|
|
|
|
|
| Zitat von Delta
| Zitat von Irdorath
Hab's als Audiobook angefangen, aber trotz großartiger Vorleserin ist es, glaube ich, nicht das richtige Format. Man ist auf dem Rennrad dann doch schnell mal abgelenkt oder muss sich auf etwas anderes konzentrieren, ich hab das Gefühl ich verpasse die ganzen Witze. Werde es wohl doch lieber Lesen.
| |
Ähm ja Muir ist echt nix zum nebenher hören, dazu ist die Sprache zu komplex und in Band 1 hat man oft genug selbst als konzentrierter Leser meiner Erfahrung genug alle Mühe damit im Blick zu haben welche Necromancer aus welchem Haus gerade was treiben.
| |
Oh Gott, ja, die Vorstellung Locked Tomb als Hörbuch zu versuchen, wo ich schon bei dem seichtesten Hörspiel irgendwann den Faden völlig verliere, lässt mir das Mark gefrieren. Alleine wie oft ich da hin und her geblättert habe, um noch mal en detail nachzulesen, was wo wie mit WEM passiert ist.
Bei Harrow war ich irgendwann kurz davor, den zweiten Band neben mir auf den Tisch zu legen.
So how do you kill a star, anyway? - Reality TV.
|
|
|
|
|
|
|
Hey, für McClellans Shortstories/Novellen hab ich die Covers gemacht
|
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Poliadversum am 17.01.2021 12:58]
|
|
|
|
|
|
Ach geil. Hättest du die für die "richtigen" Bücher gemacht, hätte ich bestimmt nicht so viel Spott abbekommen, als ich die hier empfohlen habe
|
|
|
|
|
|
|
Die Novels hat der Verlag covern lassen, für Fantasybücher sind die Cover aber auch wirklich nicht schlecht, häufig hauen die da einfach komplett lieblose Stockfotomanipulationen drauf...
|
|
|
|
|
|
mumpfelgrumpf
|
| Zitat von Wraith of Seth Blabla
| |
Interessant zu lesen, danke! Hab nicht viel drauf zu antworten, aber ich schätze es, dass du dir da soviel Mühe mit gemacht hast. Und ja, jetzt grade hab ich Mentalität als deine verhasste Pauschalisierung benutzt. Das Wort passte auch nicht 100%ig in meine Anschauung, bin aber leider nicht so wortgewandt und engagiert wie du, das hübscher zu verpacken.
Falls dich das anspornt: Die Ideen bleiben auch in den beiden anderen Teilen häufig, innovativ und grandios. Hab mir aber auch Zeit gelassen zwischen den Teilen, so will und sollte man es ja auch mehr -
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Thema: Der allgemeine Bücherthread, Band XII ( "You wanna eat my soul, or some such shit?" ) |
|