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 Moderiert von: Irdorath, statixx, Teh Wizard of Aiz


 Thema: Der allgemeine Bücherthread, Band VII ( Die Selbsthilfegruppe für pOTler mit Buchregal-OCD )
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M@buse

AUP M@buse 22.12.2015
ich hab direkt mal 50 bücher einsortiert und mich ein weiteres mal darüber aufgeregt, dass die bücher im deutschen häufig geteilt werden
29.04.2016 22:19:39  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Dann lern halt, schneller Englisch zu lesen, wenn dich die Eigenheiten deiner Muttersprache so nerven.
29.04.2016 22:26:20  Zum letzten Beitrag
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M@buse

AUP M@buse 22.12.2015
 
Zitat von [Amateur]Cain

Dann lern halt, schneller Englisch zu lesen, wenn dich die Eigenheiten deiner Muttersprache so nerven.



ne lass mal. das scheint sich negativ auf die interpunktion auszuwirken.
29.04.2016 22:35:20  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
...
Erweiterter Infinitiv ist auch nach der Reform ein Kann-Komma; danach folgt ein Konditionalsatz, der obligatorisch mit Komma abgetrennt wird. Alles topkek.
29.04.2016 22:45:38  Zum letzten Beitrag
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just 4 fun

just 4 fun
...
Ich wollte es ja schon vor einigen Tagen posten, aber direkt nach der tollen Rezi zum sehr guten SS-Buch wollte ich es dann doch nicht tun Breites Grinsen Somit nun jetzt:

Mike Krüger - Mein Gott, Walther. Das Leben ist oft Plan B.

Als Kind bin ich unter anderem mit dem "Nippel-Song" aufgewachsen, aber es war nichts was mich länger begleitet hätte oder eine Faszination für die weiteren Lieder und Dinge von Mike Krüger geweckt hätten. Als ich ihn dann bei Böhmi im Gespräch sah, wurde diese aber durch Mike Krüger und seine Wesensart geweckt.

Das Buch empfinde ich als sehr lesenswert. Mike Krüger schreibt das Buch in einer lockeren und authentischen Art, in der er die den Showbusiness-Mitgliedern übliche Selbstverliebtheit mit einer guten Prise Ironie würzt. Er lässt durchblicken, dass er jeden Moment seines ungeahnten Ruhmes genossen hat und es auch nicht für selbstverständlich nahm. Das alleine macht das Buch aber natürlich noch nicht wirklich lesenswert.

Toll ist die Zeitreise in die Anfangsjahre seiner Bühnenkarriere, in denen er in gewissen Eskapaden noch die alte "Sex, Drugs and Rock'n'Roll"-Attitüde miterlebt, die so heute nicht mehr existiert. Sehr spannend ist auch die Entwicklung der Musik, den Konzerten sowie dem Fernsehen und seinen Shows mitzuverfolgen. Und gerade dieser Trip durch diese verschiedenen Welten des Showbusiness mit ihren Veränderungen empfand ich als sehr spannend, da damals Dinge möglich waren, an die man heute gar nicht mal mehr denken würde.

Klar, der typische Mike Krüger Schalk zeigt sich auch im Buch, wird aber nie lächerlich oder billig. Dennoch kein Blödelbuch,sondern ein tiefer Blick hinter die Kulissen des Showbusiness mit seinen Facetten, die man so teilweise gar nicht wahrnimmt und wahrnam.
29.04.2016 23:41:11  Zum letzten Beitrag
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M@buse

AUP M@buse 22.12.2015
ich hab doch keine ahnung von kommasetzung. ich hatte mir eine 60% chance erhofft, mit dem flame durchzukommen Breites Grinsen
29.04.2016 23:42:28  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Verdammt, gefangen in der Qualitätsfalle. Mit "Deutschland im Blaulicht" hab ich zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder ein Buch am Wickel, das ziemlich schlecht ist, aber weglegen mag ich's auch nicht. Bücher abbrechen scheint ... falsch. Hässlon
04.05.2016 8:47:43  Zum letzten Beitrag
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Herr der Lage

AUP Herr der Lage 16.10.2014
Also ich habe keine Bedenken, ein Buch wegzulegen, dass mir nicht gefällt. Es gibt mehr Bücher/Filme usw. auf der Welt, als ein einzelner Mensch jemals konsumieren kann... Warum sollte man sich da quälen? Einen Preis für die erfolgreiche Beendigung verleiht einem auch niemand.

Aber ich dachte, du würdest das ähnlich sehen. Oder wie war noch mal dein Verdikt zu S. oder Infinite Jest? Breites Grinsen

Oder sind die gerade interessant genug, um ganz unten im "irgendwann mal lesen, wenn gar nichts anderes da ist"-Stapel gelandet zu sein? Das geht mir ja mit Wheel of Time so... Breites Grinsen
04.05.2016 13:10:03  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
 
Zitat von Herr der Lage

Aber ich dachte, du würdest das ähnlich sehen. Oder wie war noch mal dein Verdikt zu S. oder Infinite Jest? Breites Grinsen



Wa?

 
Zitat von [Amateur]Cain

Momentan kann ich ein Monster wie Jest einfach nicht in mein Leben einbauen, so simpel ist das. [...] Ich werde Jest lesen, soviel ist sicher - aber nicht jetzt.



Und bei S. ist das ähnlich. Das Ding ist toll, aber momentan lese ich fast nur mobil, wenn ich mit dem Kleinen unterwegs bin - etwas doof mit drölf Millionen Einlagen.


Und was das aktuelle Buch angeht: Da es ein Sachbuch ist, warte ich immer noch auf die eine oder andere lesenwerte Idee, und da das Buch beinahe einfache Sprache, groß gedruckt und seitenschwach ist, verlier ich kaum Zeit. Breites Grinsen
04.05.2016 16:52:23  Zum letzten Beitrag
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theSeraph

Babybender
Das Pamphlet (man traut sich ja fast nicht den Aufsatz so zu nennen) der Tania Kambouri liegt auch bei mir aufm Klo Breites Grinsen
Irgendwas brauchte man ja für die Zugfahrt zum lesen, und wegschmeißen is auch doof.

Man muss ihr zugute halten, dass sie anscheinend doch zumindest eine Strömung in der Polizei recht gut widerspiegelt. Bei den Herren Beppos war die ein oder andere Träne der Rührung zu sehen, als ich das Buch erwähnte und mich bei ihnen für ihren Dienst bedankte peinlich/erstaunt
Zugegeben, war auch in Bochum
04.05.2016 17:26:57  Zum letzten Beitrag
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Det0k

Arctic
ich lese es auch gerade. Es ist einfach und hat nicht den Anspruch objektiv zu sein. Ich lese es nicht wie ein wissenschaftliches Buch, sondern wie eine private Erzählung am Küchentisch. Es ist ja nun auch so einfach, dass es nicht anstrengt.
05.05.2016 11:08:30  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
 
Zitat von Det0k

hat nicht den Anspruch objektiv zu sein.



Doch, den hat es, und zwar ausdrücklich. An mindestens zwei Stellen artikuliert Kambouri sinngemäß, ihre Analysen und Forderungen hätten "nichts mit Politik zu tun", sondern seien eine Sache reinen Menschenverstandes.

Eine naive und nicht tragfähige Logik, aber nichtsdestoweniger ein expliziter Objektivitätsanspruch, der sogar noch als Qualitätsmerkmal legitimatorisch genutzt wird.
05.05.2016 11:27:45  Zum letzten Beitrag
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Det0k

Arctic
ich habe es nicht so kritisch gelesen. (bin ja auch noch nicht ganz fertig) Für mich ist es eine hemdsärmlige Darstellung ihrer Arbeitswelt. Sie ist halt keine Akademikerin, das merkt man dem Text an. Sie hat beruflich eben nicht unbedingt mit unauffälligen Akademikern zu tun, sondern hat als Polizistin ihre Klientel. Ich glaube ihr durchaus, dass es bei ihr so ist. Sie lügt sicher nicht. Man selber ist ja nun mal auch nicht in solchen Kontexten unterwegs.

Finde ich nicht dramatisch. Man weiß ja, was man liest. Keine Studien oder Statistiken, einfach eine Polizistin. Ist dadurch nicht unbedingt falsch, nur weil es nicht ganzheitlich oder sprachlich simpel ist.
05.05.2016 11:45:59  Zum letzten Beitrag
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theSeraph

Babybender
sie druckst so dermaßen viel rum in dem Versuch möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten in ihrer political Correctness, das ist üblicherweise etwas was mich sehr anstrengt, aber der einfache Satzbau regulierte das etwas runter.

Inhaltlich wars auf jeden Fall interessant für mich Stubenhocker, bekomm ich doch die Problemviertel meines Wohnortes nicht so mit
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von theSeraph am 05.05.2016 11:51]
05.05.2016 11:49:25  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Ich schreib eh noch ne Rezension; also später mehr.
05.05.2016 11:52:16  Zum letzten Beitrag
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theSeraph

Babybender
Ich mag deine Rezensionen
05.05.2016 12:09:16  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain


Die Froschperspektive ist ein mächtiges Instrument. Sie hat die Kraft, zu überwältigen und mitzureißen, wenn sie richtig genutzt wird. Ja, sie birgt auch etliche Gefahren, aber wenn man dieser eingedenk arbeitet und sie damit einhegt, kann ein Buch „von der Front“ ein machtvoller, bewegender Beitrag zu jeder Diskussion sein, die sich um ein komplexes, vielschichtiges und damit abstraktes und schwer zu fassendes Thema dreht. Ein Buch aus der Froschperspektive kann dem Thema Fleisch und Blut verleihen, die Dringlichkeit einer Sache an Laien und sogar an die akademischen Experten innerhalb einer solchen Diskussion heranzutragen.

Daher waren meine Hoffnungen durchaus groß, als ich „Deutschland im Blaulicht“ in die Hand nahm. Leider wurden sie nicht im mindesten erfüllt.

Kambouris Buch spielt die Stärken ihres Ansatzes überhaupt nicht aus. Auf 200 Seiten „Notruf einer Polizistin“ finden sich vielleicht 30 kurze ein- bis zweiseitige Abrisse von Einsätzen – und diese sind kaum dazu geeignet, die Dringlichkeit ihres Anliegens rüberzubringen: Trockene, knappe Schilderungen von unspektakulären Einsätzen weben nicht das dichte, eindringliche Bild, das die Stärke der Froschperspektive ist. Würde man die Abrisse rauskopieren und am Stück lesen, so würde man nicht begreifen, wie dieser Text die psychischen Störungen und die Burn-outs, die Frustrationen und die resultierenden Probleme umreißen oder gar belegen soll, die die Autorin später summarisch referiert. Wohlgemerkt, es geht nicht darum, hier einen reißerischen True-Crime-Thriller zu bauen, der durch Blut und Gewalt fasziniert. Wenn man einen „Notruf“ in Buchform verkauft, muss aber greifbar werden, worin er besteht – und das geht nur, wenn die Schärfe der Notsituation überzeugend vermittelt wird.

Im Gegenzug erliegt sie aber der größten Gefahr des Frosches: Sie benutzt ihre naturgemäß beschränkte Sicht, um ihre viel weiter gefassten, allgemeinen Thesen zu verifizieren. Nur ist n=1 keine Datenbasis. Eine Aussage über ein soziales oder politisches Problem wird nicht plausibler, wenn man jeweils ein „Wir hatten mal einen Einsatz ...“ dahinterklebt.

Und damit kommen wir zum grundsätzlichen Problem dieses Buches: Es ist unklar, was die Autorin uns eigentlich sagen will. Der eigentliche Titel „Deutschland im Blaulicht: Notruf einer Polizistin“ hat mich erwarten lassen, dass ich erfahre, wo welche Dinge bei der Polizeiarbeit im Argen liegen. Das wird aber nur sehr bedingt erfüllt, denn das Thema „Polizei am Limit“ geht erst auf Seite 160 los und endet bereits wieder auf Seite 186. Die ersten 140 Seiten sind mit dem Kapitel „Streitthema Integration – wo die Probleme wirklich eskalieren“ gefüllt – und diese Gewichtung passt zum Claim auf der Rückseite des Buches: „Warum wir das Integrationsproblem nicht auf der Straße lösen können.“ Und jetzt wird es kompliziert.

Denn Kambouri macht in diesen Kapiteln das ganz große Faß auf: Sie streift alle möglichen Problemfelder, die sich rund um Menschen mit Migrationshintergrund finden lassen: Einkommensschwäche, Bildungsferne, demographische Eigenheiten, Familienstrukturen, Alkoholprobleme, Demokratieferne, Mysogenie, Patriarchat, Parallelgesellschaften, Religion und und und …

Und hier übernimmt sich die Autorin Seite um Seite immer wieder. Denn die seitenlangen Analysen und Erklärungen werden zwar immer mal wieder mit den erwähnten Einsatzberichten verknüpft, aber das ist Augenwischerei. Kambouri spannt welterklärend den Bogen so weit, das sie auf allen möglichen Felder doziert: Politik, Rechtsprechung, Soziologie, Religionswissenschaft – alles geht ihr leicht von der Hand, alles erklärt sie in simplen, klaren Worten im „So einfach ist das“-Duktus. Und all das wird legitimiert durch die Erfahrungen im Dienst. Aber mit der gleichen Logik könnte man behaupten, sich mit industrieller Fischerei, Tiefseetauchen, Korallenbiologie und Meeresverschmutzung auszukennen, weil man Krabbenfischer in Büsum ist. Eine Streifenpolizistin kann NICHT alle Aspekte der Integrationsdebatte referieren, analysieren und erklären (und auch noch lösen wollen), nur weil ihr Alltagsdienst mit einigen Facetten dieses riesigen, komplexen Themas in Berührung kommt. Die Stärke der Froschperspektive wäre gewesen, die einzelnen Aspekte, die sie wirklich erlebt, so eindringlich und aufrüttelnd zu skizzieren, dass die Adressaten (primär Justiz, Politik, auch die Öffentlichkeit) beeindruckt und von der Notlage überzeugt worden wären. So hingegen ist es nur ein langes Facebookstatement: Eine Person schreibt lang und breit ihre Meinung zu komplexen Themen, aber wenig mehr.

Diese Konstellation wird aus weiteren Gründen ärgerlich.

Zum einen ist es der erklärte Ansatz der Autorin, „keine Politik“ machen zu wollen; alles, was sie sage beruhe auf „gesundem Menschenverstand“. Dies ist eine alter, ermüdend unorigineller Versuch, Kritik abzuwehren. Wer gesellschaftliche Zu- und Missstände benennt und dem Gemeinwesen Lösungen zu ihrer Änderung vorschlägt, handelt politisch. Und das ist auch sehr fein so, aber dieses Etikett abzuweisen und von „gesundem Menschenverstand“ zu reden, soll denjenigen diskreditieren, der anderer Meinung ist: Er kann ja logischerweise KEINEN gesunden Menschenverstand haben und „nur Politik“ machen. So äußert sich Kambouri denn auch zwei, drei Mal über die „verklärten Sozialromantiker“ und ihre weltfremden Ideen. Die Ideologie, sie Verstand. Sehr unangenehm.

Zum anderen ist es schon atemberaubend, mit welcher Verve völlig beleglos Aussagen getroffen werden: Dinge sind halt so. „So einfach ist das“ und das weiß man „ja“. Natürlich wollte Kambouri sicher kein wissenschaftliches Werk schreiben und das muss sie auch nicht – solange sie bei ihren Leisten geblieben wäre, der konkreten Polizeiarbeit und deren Krise. Aber wer alle Aspekte der Integrationsdebatte erklären will und fröhliche über Gründe des Terrorismus, über die Verknüpfung von Kultur und Politik, über die Integrationsgeschichte in der Bundesrepublik, über den Islam und andere große Themen reden will, der muss eben ein gewisses Niveau vorweisen oder es lassen. Und hier ist das Buch eine einzige Fehlstelle.

Stellvertretend sei hier das folgende Beispiel zitiert: „Der Reflex, sich gegen Neues zu sträuben, ist zutiefst menschlich. Dabei waren es schon immer die Anpassungsfähigen, die weiterkamen und sich am Ende durchsetzten. Im Großen nennt man das Evolution. Für uns reicht es eine Nummer kleiner: In unserem Alltag in dieser unsicheren, immer schnelleren Welt heißt ein entscheidender Baustein für die Zukunft: gelingende Integration.“ (S.39) Neben völliger Ahnungslosigkeit über das grundlegende Prinzip der Evolution, die sie hier als Fundament ihres Arguments benutzt, erklärt sie nicht ansatzweise, wie der Konnex zwischen einem ungerichteten, zufallsbasierten, biologischen Prozess und einem soziokulturellen Prozess mit unzähligen Akteuren, Zwängen und Absichten besteht. Bloß nicht anhalten, bloß nicht nachdenken: Die Autorin ist Streifenpolizistin, sie wird schon recht haben.

Auch in den einzelnen Feldern spürt man die Unsicherheit der Faktenlage. Begrifflichkeiten sind nicht definiert, Quantiäten und Qualitäten spielen kleine Rolle, das Bauchgefühl regiert („weiß man ja“Augenzwinkern. So findet man dann schon mal auf einer Seite folgende zwei Sätze: „Die meisten hier lebenden Migranten […] haben sich vorbildlich integriert.“ vs. „der überwiegenden Mehrheit der Migranten, die allermeisten sind ziemlich bis gut integriert.“ (S.23). Was denn nun? Die allermeisten (>90%) sind vorbildlich integriert (was heißt das? Sagen wir mal … 9/10?) oder die überwiegende Mehrheit (66%+?) ist „ziemlich bis gut“ (4-6/10) integriert? Wie man es dreht, es passt nicht. Aber egal. So einfach ist das.

Ganz grundsätzlich sind die Analysen so simplifizierend und verschwurbelt, dass man wirklich leichte Gehirnzuckungen bekommt: „Wir haben - als Gesellschaft, als Polizei, als Justiz nicht zuletzt die [sic!] Poitik – so lange tatenlos zugeschaut, dass uns heute teilweise gar nichts anderes mehr übrig bleibt, als tatenlos zuzuschauen, wenn wir nicht schnell und konsequent handeln.“

All dies wird besonders ärgerlich, wenn man dann noch liest, wie die Autorin sich darüber echauffiert, dass es so viele Kritiker gibt, die die Arbeit der Polizei verurteilen, ohne selbst qualifiziert zu sein und die Zwänge und Nöte der Polizei zu verstehen. Gleichzeitig verurteilt Kambouri die Arbeit von Politik, Justiz und Verwaltung in Bausch und Bogen und erklärt ihnen (leider nur nebel- und schemenhaft), wie sie alle ihre Arbeit gefälligst mal besser machen sollten – gleichzeitig erklärend, dass sie „einfach nicht versteht“, wie die entsprechenden zu ihrer „Kuscheljustiz“, zu ihrer feigen Politik und zu ihrer schlechten Verwaltungsleistung kämen. Sie macht also ausdrücklich genau das, was sie anderen Leuten ankreidet – derlei Selbstgerechtigkeit ist nur schwer auszuhalten.

Die Selbstreflexion leidet stellenweise aber ohnehin. Einerseits will Kambouri Pluralität und Liberalität hochhalten und verteidigen; sie betont ausdrücklich, dass eine freiheitliche Demokratie eine Vielzahl von Lebensentwürfen akzeptieren muss – und schreibt später mit tief empfundener Verachtung: „In besonders archaisch denkenden Kreisen stellt auch Polygamie kein Problem dar, das will man sich im 21. Jahrhundert eigentlich gar nicht mehr vorstellen.“ (S.127). Wie weit Liberalität und Pluralität geht und was modern ist und was nicht, entscheidet also immer noch die Streifenpolizistin aus Bochum. Homoehe ist es, Polygamie nicht? Das wird nicht erläutert, denn ganz grundsätzlich hält sich die Autorin mit konkreten Lösungen zurück. Das sieht man gut an folgendem Thema, das wir vermutlich ALLE schon mal diskutiert haben werden: „ „So traut man sich kaum noch, Worte wie „Zigeunerschnitzel“ oder „Negerküsse“ in den Mund zu nehmen. Natürlich äußert sich Rassismus auch in Worten, und aus Worten werden Taten. Aber man sollte die Kirche wirklich im Dorf lassen.“ (S. 133) Einverstanden – aber weiter hilft uns das auch wieder nicht. Der Leser kann wohlig erregt nicken und zustimmen, aber eine auch nur krude Arbeitsdefinition, wo und warum die Grenze liegt, die wird nicht gegeben. Wieder ein großes Thema angekratzt, wieder markig die Meinung gesagt – wieder keine fundierte Darstellung, wieder keine Lösung.

Und so schließt sich der Kreis: Auch im Großen bietet die Autorin keine konkreten Lösungen oder gar originelle Gedanken: Schnelle, konsequente Strafen gegen Intensivtäter, Schulpflicht härter durchsetzen, ein Schulfach Menschenrechte, bessere Koordination aller Behörden, mehr Geld und Personal für alle, besonders die Polizei. Das ist jetzt nicht wirklich neu; und wirklich konkret ist es auch nicht – wie auch, das sind wieder politische und juristische Maßnahmen, die eben nix mit „Notruf einer Polizistin“ zu tun haben. Besonders auffällig wird das dann bei den noch weitergehenden, noch wolkigeren Forderungen wie bspw.: „Eines unserer Hauptanliegen muss es daher sein, die verkrusteten Formen des Patriarchats zu knacken!“ - nur das Wie fehlt leider, aber das können dann ja andere regeln.

Kambouris Buch ist deshalb so ärgerlich, weil ich den Eindruck habe, dass der Verlag die Autorin hier instrumentalisiert. Natürlich sind die kulturellen und sozialen Prägungen junger Intensivtäter relevant für das Thema, natürlich muss der spezifische Einfluss des Islam in Betracht gezogen werden, natürlich sind Parallelgesellschaften und clanbeherrschte No-go-Areas Themen, die offen diskutiert werden müssen. Aber nicht von einer Streifenpolizistin aus Bochum. Ihre große Stärke, ihr Trumpf, ihr Ass wäre gewesen, den saftigen Frontbericht zu liefern, der in die Diskussion einfließen könnte, als Munition für Argumente. Das wäre ein gutes, ein wichtiges Buch gewesen.

So wurde ihre street credibility nur genutzt, um ein dünnes, unreflektiertes Traktat in eine heiße, aktuelle Diskussion einzuspeisen – gleich zwei Marker für gute Verkaufszahlen; alles richtig gemacht, lieber Piper Verlag.

Oder halt, doch eher nicht. Denn rausgekommen ist nun ein Buch, dass durch seine innere Struktur den Eindruck erweckt, dass alle Probleme bei den Muslimen liegen. Denn man muss sich EIGENTLICH nach der Lektüre fragen, was die Kollegen in Sachsen eigentlich den ganzen Tag tun. Muslime gibt’s da nicht, aber der gesamte „Notruf einer Polizistin“ fokussiert sich drauf, auch wenn ergänzende Kapitel zu Osteuropäern und Sinti und Roma natürlich nicht vergessen wurden. Aber trotzdem müssten die sächsischen Kollegen nach der Logik des Buches viel Freizeit haben, denn dass die Deutschen den größten Teil der Verbrecher in diesem Land stellen und dass auch bei den Deutschen breit und schnell der Respekt vor der Polizei verlieren, wird an (wenn ich mich recht entsinne) zwei Stellen erwähnt. Und das ist einfach eine hanebüchene Schieflage.

So wird Kambouri gegen ihren (mehrfach ausdrücklich artikulierten) Willen eben doch eingespannt dafür, die Angst vor „den kriminellen Ausländern“ einseitig zu schüren. Ein knallharter Frontbericht einer Polizistin, der auch jede Menge deutsche Täter umfasst hätte, wäre packend, saftig und glaubhaft gewesen – genau das Material, dass einen nach der Lektüre nachdenklich macht, ob nicht schnellere Verfahren und mehr Polizisten nicht doch dringend nötig wären.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass der Piper-Verlag hier einfach eine wunderbare, verkaufsfördernde Kronzeugin (Frau! Griechin! Polizistin!) gesehen hat, und sie schlicht überredet hat, das Buch (nach den Vorstellungen des Verlages gewichtet) zu schreiben. Und wer will es der Autorin verübeln, diese Chance zu ergreifen. So ist es aber ein banales, oberflächliches Büchlein, das nichts richtig, aber einiges falsch macht. Bei einem Notruf bestimmt nun einmal der Arzt die Maßnahmen, nicht der Patient, der den Notruf abgesetzt hat.
[Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert; zum letzten Mal von [Amateur]Cain am 05.05.2016 21:57]
05.05.2016 21:45:08  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Und damit endet mein persönliches Lesejahr, das nun immer von Anfang Mai bis Anfang Mai geht. 12.500 Seiten; viel Schönes, einige Perlen, wenig Schrott. 5/7, would read again.



Edit: Für Atomskivaritsch. <3
[Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert; zum letzten Mal von [Amateur]Cain am 05.05.2016 22:34]
05.05.2016 22:06:02  Zum letzten Beitrag
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Atomsk

Atomsk
Pfeil
PSA: non-mobile user haben i.d.r. breitbild-monitore Breites Grinsen
05.05.2016 22:16:21  Zum letzten Beitrag
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Armag3ddon

AUP Armag3ddon 04.01.2011
Uff. Kann verstehen, dass du das weglegen wolltest.
05.05.2016 22:32:00  Zum letzten Beitrag
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solaaaaaaaaar

solaaaaaaar
 
Cain </3 Kambouri



Schöne Rezension.

Liest du grundsätzlich Bücher auf eine so kritische Weise oder hast du diesen Polizeibericht als Sachbuch betrachtet und deshalb die Aussagen auf akademische Weise hinterfragt?

Jedenfalls nimmt es mich wunder, ob du eine ähnliche Rezension zu The God Delusion geschrieben hast (Link?). Ich fand dieses gefeierte Buch nämlich sehr belanglos und das absolute Gegenteil von dem Zitat auf dem Umschlag.
05.05.2016 23:15:14  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Ich lese dann so kritisch und schreibe so viel, wenn ein Buch mich wütend macht. Und das hat Kambouri recht früh mit ihrem "Is keine Politik, isso!" geschafft. Breites Grinsen

God Delusion mochte ich, daher schrub ich nur kurz was dazu.
06.05.2016 10:17:52  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
"Berlin Alexanderplatz", 50 Seiten weit.

Meine Fresse. Überwältigende Sprache und Erzählweise. Ich weiß nur noch nicht, ob das über 500 Seiten trägt.
06.05.2016 15:17:21  Zum letzten Beitrag
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sinister.sinner

AUP sinister.sinner 24.01.2016
Ich bin in wenigen Kapiteln mit WoT fertig. Ich hab ein wenig Angst vor der Leere dannach. peinlich/erstaunt

Ich brauch Fantasy Empfehlungen. Sanderson hat ja noch nichts Neues rausgebracht.
06.05.2016 15:20:59  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
 
Zitat von sinister.sinner

Ich bin in wenigen Kapiteln mit WoT fertig. Ich hab ein wenig Angst vor der Leere dannach. peinlich/erstaunt




Da kommt noch ein Moment auf dich zu, vor dem du wesentlich mehr Angst haben solltest. Breites Grinsen
06.05.2016 15:21:39  Zum letzten Beitrag
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M@buse

AUP M@buse 22.12.2015
 
Zitat von sinister.sinner

Ich bin in wenigen Kapiteln mit WoT fertig. Ich hab ein wenig Angst vor der Leere dannach. peinlich/erstaunt

Ich brauch Fantasy Empfehlungen. Sanderson hat ja noch nichts Neues rausgebracht.



Robin Hobb.
06.05.2016 15:23:18  Zum letzten Beitrag
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-MjØllnIR-

-MjØllnIR-
 
Zitat von [Amateur]Cain

"Berlin Alexanderplatz", 50 Seiten weit.

Meine Fresse. Überwältigende Sprache und Erzählweise. Ich weiß nur noch nicht, ob das über 500 Seiten trägt.



Das hatten wir in der Oberstufe als Sternchenthema im Deutsch LK. War das damals ätzend .... Breites Grinsen
06.05.2016 17:10:27  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Breaking Kartoffel News
Grad in der Post gewesen. Srs Cover Art bzns vs. extrem spannende Idee für eine Geschichte.

07.05.2016 21:10:43  Zum letzten Beitrag
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Peridan

AUP Peridan 01.02.2008
 
Zitat von [Amateur]Cain

"Berlin Alexanderplatz", 50 Seiten weit.

Meine Fresse. Überwältigende Sprache und Erzählweise. Ich weiß nur noch nicht, ob das über 500 Seiten trägt.



Hab ich auch angefangen. Ist irgendwie schwierig zu lesen. traurig
07.05.2016 22:09:36  Zum letzten Beitrag
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RushHour

rushhour
...
Die Wand ist purer Horror. Ganz tolles Buch. Es ist als Text nicht so entsetzlich wie Die Straße, aber es lebt vom gleichen Geist.



Ich lese demnächst "Bodentiefe Fenster", eine zynische Abrechnung mit halbalternativen Baugruppen-Großstadtspießern. Ich hoffe ich fühle mich gut getroffen!
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von RushHour am 08.05.2016 19:20]
08.05.2016 19:19:47  Zum letzten Beitrag
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 Thema: Der allgemeine Bücherthread, Band VII ( Die Selbsthilfegruppe für pOTler mit Buchregal-OCD )
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21.08.2016 14:13:56 Sharku hat diesen Thread geschlossen.
30.10.2015 17:31:46 Sharku hat diesem Thread das ModTag 'buch' angehängt.
28.10.2015 20:56:12 [Amateur]Cain hat den Thread-Titel geändert (davor: "Der allgemeine Bücherthread")

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