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 Moderiert von: Irdorath, statixx, Teh Wizard of Aiz


 Thema: Der allgemeine Bücherthread, Band XII ( "You wanna eat my soul, or some such shit?" )
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Kanonfutter

AUP Kanonfutter 28.03.2016
 
Zitat von Wraith of Seth


L E S T --- D I E --- L O C K E D --- T O M B --- T R I L O G I E
Wütend


Da ich auf dich höre gleich gesucht und festgestellt, dass es wohl noch eine Geschichte gibt die vor Gideon spielt, aber nirgends zu kaufen gibt, dafür hier online gratis gelesen werden kann
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Kanonfutter am 02.01.2021 11:26]
02.01.2021 11:25:54  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
...
I wanna bone you!

¤DIT:
Es war sehr gut. Breites Grinsen

The more you say 'epic' the less it means.
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Wraith of Seth am 04.01.2021 5:05]
02.01.2021 11:53:01  Zum letzten Beitrag
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Atti Atterkopp

AttiKartoffelkopp
 
Zitat von just 4 fun

- Didier Eribon: Rückkehr nach Reims - Der Autor fährt nach dem Tod seines Vaters nach Jahrzehnten zurück in sein Herkunftsort in der Provinz zu seiner Familie und stellt fest, dass man sich von seiner sozialen Schicht/Klasse nie ganz lösen kann. Eribon ist hier sehr ehrlich und geht mit sich auch hart ins Gericht. Er erklärt auch gut die Verschiebung der Wahlpräferenzen der Arbeiterschicht. Kann ich allen Soziologie- und Politikinteressierten nur empfehlen.



Ich habe es jetzt zur Hälfte gelesen und muss mich der Empfehlung anschließen!

/e: Ok, ich hab es nach dem post dann nicht mehr aus der Hand gelegt und bin begeistert.
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Atti Atterkopp am 02.01.2021 16:20]
02.01.2021 12:33:01  Zum letzten Beitrag
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[KDO2412]Mr.Jones

[KDO2412]Mr.Jones
Born A Crime: Stories from a South African Childhood

Trevor Noah gerade bei Amazon als Kindle ebook für 99 Cent
02.01.2021 23:06:14  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Neal Stephenson - Snow Crash

Ich habe die letzten paar Posts im Thread ernst genommen, und damit das Jahr begonnen.

Den hier bereits angemerkten, radikalen Sprung im Tempo zu Beginn fand ich tatsächlich noch sehr passend. Aber gerade das letzte Drittel hat dann wirklich grausiges Pacing. Während vorher zumindest im Nachhinein alle nötigen Handlungsabschnitte erklärt werden, ist das Ende sehr unausgewogen, macht Handlungssprünge, die meiner Meinung nicht nötig wären, und hält dann das Tempo bis wörtlich zur letzten Seite hoch, ohne dass die Downtime, die das Buch anfangs ausgeglichener wirken ließen, die man an einem Ende irgendwie erwartet, auch nur über den letzten Absatz hinauskommt. Das fand ich sehr schade. Mindestens ein letztes Kapitel, in dem die Protagonisten (pun intended???) noch einmal ihr Dasein nach der Handlung zumindest exemplarisch vorführen können.

Konkreter im Spoiler:
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Fast alle Antagonisten bekommen ein klares Ende (Raven als halber Protagonist ereilt das Schicksal der Protagonisten); und während sich das Buch vorher immer Mühe gab, sie als Teil einer Community zu zeigen (hey, Y.T.s Community und Beziehung beenden letztlich das Buch, was ich als Message immer toll finde), werden ausgerechnet die dann völlig in einem offenen Ende fallen gelassen.

Die ganze Reise zum Raft von allen Charakteren wirkt wie ein wild aneinandergereihtes "Das muss jetzt sein, damit sie da hinkommen". Ich habe wirklich fast geglaubt, ein Kapitel verpasst zu haben, als Y.T. im Van aufwacht. Die persönliche Verbindung zwischen Raven und Hiro über ihre Väter? Wirklich? Musste das sein? Wieso bekommt Y.T.s Mutter nur ein Kapitel, obwohl sie persönlich und handlungstechnisch wichtig ist? Da wird ewig drauf rumgeritten, dass die für die Feds arbeitet, die Feds mit Rife gemeinsame Sache machen, Rife voll vor die Wand fährt... ...und das wird nicht einmal mit einem Satz weitergesponnen, was das für Y.T.s Mutter heißt.


Manchmal schafft Stephenson die rule of cool mühelos, manchmal ist das Ergebnis leider sehr platt. Auch bei der intellektuellen Prämisse - die Hälfte des Buches ist da ein faszinierender, in sich geschlossener Wikiwalk, der einfach super funktioniert. Und dann muss er das überspitzen. Das Resultat ist, dass die ganze komplexe Welt ein monolitisch übersimplifiziertes Fundament bekommt und darüber völlig ins Wackeln gerät. Möglich, dass das sogar gewollt ist, kommen doch immer wieder offen satirische Komponenten rein (Stichwort "BDTU"). Leider ist das genau der Punkt, wo die ganze Immersion für mich zusammen bricht, weil der jeweilige Aspekt dann völlig überstrapaziert wird.traurig Das ist besonders nervig, weil Stephensons Stil extrem dicht gepackt ist. Beschreibungen sind eine Aneinanderreihung von wissenschaftlichen und kulturellen Referenzen, die davon leben, dass man sich das alles selbst beim Lesen zusammenfügen muss. Dass er dann jenseits der einzelnen Worte und Sätze über Seiten Dinge auswalzt bis sie auch der letzte Depp mitbekommt oder sie religiös allumfassend sind (Virusthematik), macht die Sache nur noch offensichtlicher. Schade.traurig
Spoiler - markieren, um zu lesen:
Gerade bei der Virusthematik nervt mich das: Man hat diese megakomplexe Babelthematik, Sumer, dies das Ananas. Und dann ist ALLES ein Virus oder eine Variation dieses einen Virus'. Obwohl das Buch sich andernorts soviel Mühe gibt, die Diversität und Komplexität des ganzen darzustellen, mit all den (multi)kulturellen Hintergründen und politischen Anspielungen und und und. Da wird satirisch überspitzt immer wieder auf die Problematik einer einzigen Sache religiös zu folgen, und dann dreht er das bis auf 11 hoch ausgerechnet bei seinem intellektuellen Grundthema, bis es am gleichen Punkt angekommen ist: Alles ist irgendwie dieser (Meta)Virus. Zwei, dreimal und völlig ohne Not muss dann auch wieder SPACE! reinkommen, Panspermie und bla. Wie abgeschmackt.traurig Zumal Lagos ein Charakter gewesen wäre, der perfekt als unzuverlässiger Erzähler dienen konnte - stattdessen greifen Hiro und Juanita und alle anderen seine Thesen komplett und unhinterfragt auf. Ist hier ein Meta-Metavirus am Werk (voll deep und intellent und so!) ? Ich glaube kaum, ich glaube einfach, dass da Stephenson Opfer der Mentalität geworden ist, die er anfangs so treffend im Zusammenhang mit Juanita und Sexismus unter Techies aufzeigt. Man wäre ja so schlau, dass einem so eine verfälschende Vereinfachung nicht passieren könnte...


Intellektuell finde ich das Buch toll. Die Prämisse ist größtenteils toll umgesetzt, das Buch mitunter gruselig treffsicher in seinen satirischen Spitzen auf die damalige Gegenwart. Insbesondere, weil diese Spitzen heute noch viel, viel besser sitzen. Da wird allein in den ersten hundert Seiten oder so Brotopia vorweg genommen. Die Trump-Administration wirkt wie der Beginn dessen, was im Buch von den USA übrig geblieben ist. Flüchtlinge, Religion und Rassismus sind allgegenwärtige politische Kräfte, erstere instrumentalisierte Opfer im Namen der letzteren. Alles gut beobachtet, vielschichtig, bunt, actiongeladen - und dann stoße ich mich leider immer wieder an Details, die man außerhalb von Spoilern kaum sinnvoll ankreiden kann.traurig Aber zusammenfassend stößt er den Leser kurz und bündig auf Probleme, wenn Leute zu wenig über den Tellerrand gucken und Dinge kaputt vereinfachen oder auf zu einfache Lösungen zurückgreifen für komplexe Probleme. Und dann habe ich doch irgendwie den Eindruck, dass die Sachen, die mir nicht gefielen, genau daran scheitern. Ein konkretes Beispiel, dass ohne allzu viele Spoiler auskommt: Eine Figur ist sehr betont "nur" ein Programm mit der Aufgabe, Exposition zu liefern. Und diese Figur liefert und liefert und liefert, in flüssigen Dialogen, mitunter süffisant und fast schlagfertig. Und dann wird plötzlich ein Dialog abgebrochen, weil "zu kreativ für ein Programm", "zu viel Humor für ein Programm" oder "zu viel Analogie für ein Programm" - nachdem das über Seiten hinweg kein Problem war. Interessant an der Stelle: Diese Figur zitiert (fast) korrekt, sodass man nicht in den Danksagungen nach den Quellen suchen muss. Sehr clever gelöst.Breites Grinsen

Ein tolles Buch. Es hätte ein phänomenales Buch sein können, aber es scheitert dann leider im Kleinen und an Balanceakten. In jedem Fall immer noch ein hochaktuelles Buch - es ist gut gealtert, die Themen sind, glaube ich, besser für heute geeignet als die der Neuromancer-Trilogie. Man merkt auch, dass Stephenson mehr Ahnung von Computern hat als Gibson. Das ist bestimmt mindestens in Teilen als Parodie auf das Cyberpunkt-Genre zu lesen, aber damit teilweise zu einer schmerzhaft treffenden Kritik an der Gegenwart dreißig Jahre nach Veröffentlichung geworden.

Mal sehen, ob ich mir irgendwann mal das Cryptonomicon gebe. The Difference Engine fand ich jedenfalls deutlich besser: Meine Vermutung ist, dass Gibson Stephensons überbordende Tendenzen gestoppt hat und Stephenson wird wohl einiges an den technischen Details und Feinheiten verbessert haben.

Reality is frequently inaccurate.
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Wraith of Seth am 05.01.2021 4:46]
05.01.2021 4:45:45  Zum letzten Beitrag
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[KDO2412]Mr.Jones

[KDO2412]Mr.Jones
Ich glaube, das war das Buch, bei dem ich entschieden habe, kein Neal Stephenson mehr zu lesen.

Man wird mitgerissen, ist total "drin" und dann rotzt er einen das letzte Kapitel so hin, dass einem die ganze Lust dran vergeht.

Glaube, im Cryptonomicon war das ähnlich, nur nicht so schlimm.
05.01.2021 9:10:20  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
In dem Kontext: Ich muss ja gestehen, dass die diversen Epiloge in CRPGs oder bei Harry Potter auch genau meine Bedürfnisse als Leser und Fan treffen.

...ich war leicht böse, dass die mass-market paperback Ausgabe von Gideon Anhänge hat, die die gebundene Ausgabe nicht hat.traurig
05.01.2021 9:25:13  Zum letzten Beitrag
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Mürbchen 3rd

AUP Mürbchen 3rd 12.08.2012
mumpfelgrumpf
Ich habe mich damit abgefunden, dass bei Stephenson der Weg das Ziel ist. Solange man die Bücher immer im Moment genießt, sind sie unschlagbar (in diesem Sinne ist es gut, dass die Bücher so lang sind), aber Probleme mitm "dritten Akt" oder der Auflösung oder der generellen Struktur haben sie alle. Trotzdem ist er mein Lieblingsautor, hab fast alles gelesen.

Must-Read (meiner Meinung nach): Cryptonomicon (sehr kurzweilig und süffisant, trotz der Länge), Anathem (was für ein gigantöser Payoff), Seveneves, Snow Crash

Geht voll klar: Der Baroque-Cycle (wenn man mal ein paar Jahre Langeweile hat), The Rise and Fall of Dodo, Cobweb, Diamond Age

Wenns sein muss: The Mongoliad

Avoid at all costs: Reamde, "Fall; or, Dodge in Hell"

Hätten wir das geklärt.
05.01.2021 10:36:20  Zum letzten Beitrag
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Hostage

Leet Female II
 
Zitat von Atomsk

snow crash ist genial!
ja, das intro ist bekannt dafür, dass es so schnell ist. das wird wieder zurückgefahren, tut dem spaß aber keinen abbruch.




ich fands interessant, aber manche passagen im buch sind extrem lahm.
05.01.2021 10:45:43  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
 
Zitat von Mürbchen 3rd
(wenn man mal ein paar Jahre Langeweile hat)



Breites Grinsen
05.01.2021 11:07:57  Zum letzten Beitrag
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Rincewind

rincewind
 
Zitat von [Amateur]Cain

Nein, aber in einer FB-Gruppe hat jemand geschrieben, dass er dringenden Redebedarf hat, weil er totaler Fan von Band 1 sei, aber 2 für ihn das schlechteste Buch aller Zeiten sei. Breites Grinsen


Ich möchte das bestätigen. Das war sehr cringey. Man mag jetzt sagen, dass war Buch 1 auch, aber da war ich deutlich besser unterhalten..
05.01.2021 11:09:52  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain
Was ist da eigentlich Thema? Nerdkultur der 1990er ja wohl nicht?
05.01.2021 11:48:38  Zum letzten Beitrag
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Armag3ddon

AUP Armag3ddon 04.01.2011
Hoffentlich Nerdkultur der 2010er, von Philosoraptor bis Pepe!
05.01.2021 11:55:13  Zum letzten Beitrag
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dantoX

dantoX
 
Zitat von [KDO2412]Mr.Jones

Ich glaube, das war das Buch, bei dem ich entschieden habe, kein Neal Stephenson mehr zu lesen.

Man wird mitgerissen, ist total "drin" und dann rotzt er einen das letzte Kapitel so hin, dass einem die ganze Lust dran vergeht.

Glaube, im Cryptonomicon war das ähnlich, nur nicht so schlimm.



Der Anfang und das Ende stehen echt in krassem Gegensatz.
05.01.2021 13:47:14  Zum letzten Beitrag
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dantoX

dantoX
 
Zitat von Rincewind

 
Zitat von [Amateur]Cain

Nein, aber in einer FB-Gruppe hat jemand geschrieben, dass er dringenden Redebedarf hat, weil er totaler Fan von Band 1 sei, aber 2 für ihn das schlechteste Buch aller Zeiten sei. Breites Grinsen


Ich möchte das bestätigen. Das war sehr cringey. Man mag jetzt sagen, dass war Buch 1 auch, aber da war ich deutlich besser unterhalten..



Hast du es durch? Ich hab mittlerweile aufgegeben. Irgendwann hat es mir dann auch das erste Buch im Nachhinein madig gemacht und dann habe ich es weg gelegt und mir auf YouTube ein paar Reviews angeguckt. Das war wohl die richtige Entscheidung.

Wenn du mir jetzt sagst, dass er nach 80 Seiten aufwacht und die ersten 80 Seiten nur ein wirrer Traum waren, würde ich es nochmal probieren ...
05.01.2021 13:54:32  Zum letzten Beitrag
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Rincewind

rincewind
Es wird etwas klarer/deutlicher nach den ersten 100 Seiten oder so. Aber die Geschichte wird dadurch nicht zwingend besser. Man kommt allerdings irgendwann ganz gut in den Flow und ignoriert dann einfach vieles.

Es bleibt bei Nerdkultur der (insbesondere) 1980er Jahre. Bisschen D&D, Prince (the Artist formerly known as...) etc.
06.01.2021 13:52:10  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Bitte beachten CONTENT WARNING: Book Gore!


Alter.Breites Grinsen Ich glaube, ich stimme nur dem ersten Argument vage zu, aber... ...Breites Grinsen

The good life is one inspired by love and guided by knowledge.
09.01.2021 4:18:21  Zum letzten Beitrag
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Wraith of Seth

wraith_of_seth
Cordelia Fine - Delusions of Gender

Vorweg: Die Qualität der gelegentlichen, wohlplatzierten Wortspiele hält, was der Titel verspricht. Me gusta.Breites Grinsen

Was dann folgt, ist die zu erwartende Kampfschrift gegen biologi(sti)schen Essentialismus im Kontext von Gender und den nicht ganz so betatschlichen Unterschieden zwischen Mann und Frau. Der Hauptfokus ist dabei eine Kampfansage gegen pränatales Testosteron als Erklärung für alles und farbige Hirnbildchen als Erklärung für alles. Das wird alles sehr nuanciert aufgedröhselt, und wenn mir Poli das nächste mal mit Baron-Cohen oder den Pinker-Geschwistern um die Ecke kommt, näh ich ihm den Inhalt des Buches mit pinker Kaschmirwolle (die besonders kratzige) auf die Großhirnrinde. Dabei sind das noch die drei Haupt-"Antagonisten", die am besten wegkommen. Andere (Sax, Brizendine, Gur x2, Gurian, ... ...mehr bekomme ich nicht mehr aus dem Gedächtnis zusammen) müssen sich mit Vorwürfen konfrontiert sehen, die weit, WEIT jenseits von "sie sollten es als Wissenschaftler besser wissen" liegen wie bei den vorigen dreien der Fall. Gemein ist allen, dass auf wackligen Daten zu großen Behauptungen gesprungen wird. B-C und Px2 weisen da dann gelegentlich sogar selbst drauf hin, fühlen sich aber wohl zu wohl in ihrer selbsternannten Rolle der Verteidiger der freien Meinung des gesellschaftlichen Status Quos, der offene Türen einrennt und doppelt-verschanzte Meinungen mit einem Graben versieht.

Fine selbst leugnet dabei nicht einmal die Möglichkeit, dass Biologie Einfluss haben kann. Das Buch greift aber ganz bewusst in eine (mittlerweile gut zehn Jahre zurück liegende) Diskussion ein. Wenn man die entsprechenden Referenzen nicht kennt, dürfte das mitunter für leichte Verwunderung sorgen, warum bestimmte Figuren immer wieder prominent in Erscheinung treten. Jedenfalls ist dieses Buch als Beitrag zu dieser Diskussion um Thesen, die am einfachsten als "Neurosexismus" oder "biologischer Essentialismus" zusammen gefasst werden könnten, vor allem darauf aus, die ganzen Löcher, Sprünge, Fehler, Überinterpretationen, und moving goal posts die für diese Thesen ins Feld geführt werden, aufzudecken. Das ist zwangsweise sehr, sehr detailreich und deckt ein großes Spektrum an Studien aus Biologie, Neurowissenschaften, Philosophie, Soziologie, Psychologie und diversen Teilgebieten und interdisziplinären Bereichen ab. Fine schafft es, das für Laien gut aufzubereiten - solange man bereit ist, das Hirn einzuschalten. Wer sich für Wissenschaft im Abstrakten interessiert, findet auch oft (Hinweise auf) die üblichen Verdächtigen von publication bias, p-Hacking, zu kleine Samples, ... Fine scheint viel vom IAT (Implicit Association Test) zu halten; mein Eindruck bisher war, dass der mitunter ähnliche Probleme hat wie neurosexistische Thesen, wenn Berater ihn zum Kerninhalt von Lehrgängen machen. Aber sie bringt hier Kausation und Korrelation nicht durcheinander und weist nur darauf hin, dass er alle möglichen Korrelationen aufdecken kann. Besonders zu Anfang und Ende des Buchs werden auch eine Reihe von Studien aufgeführt, die implizite Einflussnahme anders belegen, und das oft deutlich besser (imho). Der IAT wirkt auf mich immer ein bisschen wie die sphärische Kuh im Vakuum der Vorurteilsforschung.

Was ich schade fand, war, dass mit wenigen Ausnahmen Gender im Buch vor allem binär in Erscheinung tritt. Das ist im Kontext des Buchs letztlich völlig in Ordnung, aber ich glaube, da hat der Text bei mir eine gewisse, jetzt leider unerfüllte Erwartungshaltung geweckt.

Die Informationsdichte ist hoch, aber der süffige Stil hilft darüber hinweg. Die dreiteilige Struktur des Buches blieb bei mir aber nicht wirklich hängen und ich hatte den Eindruck, dass viele Sachen sich arg wiederholten, während wichtige neue Punkte oder Caveats nicht den Platz bekamen, der einem neuen Kapitel würdig gewesen wäre. Längere Fußnoten unterscheiden sich oft nicht von Teilen des jeweiligen Kapitels, wo ich mich dann frage, warum das eine Fußnote sein musste. Zumal oft wirklich spannende und relevante Information für das jeweilige Kapitel da rein verbannt wurde. Und, wie so oft zu meinem Ärger, sind die verfickten Fußnoten mal wieder gesammelt am Ende des Buches. Die relevanten Personen im Buchverlagswesen, die das pushen, mögen alle an Kurzsichtigkeit, Papierschnittwunden und Sehnenscheidenentzündung krepieren.

Meine größte Sorge für mein eigenes Repertoire an Repliken ist, dass die Wortgewandtheit das Schicksal der Feynman-Vorlesungen ereilt: Man nickt begeistert die Argumente ab, und kriegt die durchaus komplexe Argumentation und Information nachher nicht mehr abgerufen. Mal sehen - basierend auf den letzten Monaten habe ich eh den Eindruck, dass ich keinen Bock mehr auf eine Diskussion mit den üblichen Vertretern der Gegenthese im Forum hätte.

Ich hatte mir zwei Textstellen für den Post notiert - wenn ich die noch liefere, später, weil ich jetzt zu müde bin und das Buch unten im Wohnzimmer ist.
 
p.61: "Although self-reported endorsement of sexist attitudes didn't predict hiring bias, self-reported objectivity in decision making did."


Die andere Notiz war eine Notiz an mich selbst.traurig

Fazit: Wer sich für das Thema interessiert, wird das Buch durchaus zu schätzen und zu genießen wissen. Die, die es lesen sollten, werden das entweder nicht tun, oder eh wieder beliebige gish gallops, ad hominems, oder moving goal posts an den Tag legen, um sich nicht ernsthaft damit auseinander setzen zu müssen ("Aber X ist in Y publiziert, die Widerrede nur in Z!", "Das ist doch ein unnötiges Detail!", "Aber X ist Professor für Y an Z!", ...). Für Leute, die eine Einführung haben wollen, dürfte das Buch zu stark Teil eines fortlaufenden Schlagabtauschs sein.

I am not a smart man, but I know what love is.
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von Wraith of Seth am 10.01.2021 3:13]
09.01.2021 15:50:31  Zum letzten Beitrag
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Atti Atterkopp

AttiKartoffelkopp
Wenn ich VanderMeer - Annihilation mochte, wird mir dann die Verfilmung gefallen?
Ist die nah am Buch, hat sie jemand gesehen?
11.01.2021 13:08:36  Zum letzten Beitrag
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blue

Bluay
...
Naja so mittel-nah am Buch, aber ich finde es lohnt sich schon allein fuer die geilen Bilder und das Design.

Edit: Das Ende ist ganz anders
[Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert; zum letzten Mal von blue am 11.01.2021 13:19]
11.01.2021 13:15:16  Zum letzten Beitrag
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Atti Atterkopp

AttiKartoffelkopp
 
Zitat von blue

Naja so mittel-nah am Buch, aber ich finde es lohnt sich schon allein fuer die geilen Bilder und das Design.


Ok nice. Bisher mochte ich Ex Machina und Devs von Garland auch.
11.01.2021 13:17:08  Zum letzten Beitrag
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Dr.Hamster

Leet
Der Film war echt verstörend, aber hat mir gefallen. Das einzig echt komische war die (Haupt)schauspielerin bei welcher man die ganze Zeit das Gefühl hatte der ist alles egal was passiert und dass sie immer kurz vorm einschlafen ist. Keine Ahnung ob das im Buch auch so ist, habs nicht gelesen.
11.01.2021 14:48:53  Zum letzten Beitrag
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Damocles

AUP Damocles 15.05.2009
...
Buch fand ich schrecklich, Film aber super.
11.01.2021 14:52:05  Zum letzten Beitrag
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M'Buse

AUP M@buse 22.12.2015
Hab bald meinen zweiten Pratchett Band durch und bin sehr angetan. Das ist schon wirklich sehr unterhaltsam geschrieben.
11.01.2021 15:07:43  Zum letzten Beitrag
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Atti Atterkopp

AttiKartoffelkopp
Freu dich auf die anderen ~40!
11.01.2021 15:20:32  Zum letzten Beitrag
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Armag3ddon

AUP Armag3ddon 04.01.2011
Moment. Du fragst hier alle zwei Monate nach Fantasy-Empfehlungen und hast Pratchett nicht durch?!
11.01.2021 15:28:00  Zum letzten Beitrag
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M'Buse

AUP M@buse 22.12.2015
Ähm ja peinlich/erstaunt
So zu meiner Verteidigung muss man sagen, dass das jetzt nicht unbedingt das Fantasysubgenre bedient, was ich üblicherweise lese.
11.01.2021 15:31:52  Zum letzten Beitrag
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Farbkuh

farbkuh
Welchen Ebook-Reader wünscht man sich zum Geburtstag, wenn man Jeff Bezos nicht noch mehr Geld in den Rachen werfen will? Tolino? peinlich/erstaunt
11.01.2021 17:28:00  Zum letzten Beitrag
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SirSiggi

SirSiggi
Es ist im Wesentlichen echt egal, wenn man keine besonderen Ansprüche hat. Spätestens mit Calibre bekommt man alles auf jeden.
11.01.2021 19:11:16  Zum letzten Beitrag
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[Amateur]Cain

Amateur Cain


Kennt das wer? Ich höre Gutes, habe aber Angst, dass das so "Red Rising" Schund ist.
11.01.2021 20:17:45  Zum letzten Beitrag
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 Thema: Der allgemeine Bücherthread, Band XII ( "You wanna eat my soul, or some such shit?" )
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