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ZDF: Herr Höcke, ich möchte gerne mit Ihnen auf Ihre Sprache und Ihren Blick auf dieses Land schauen. Sie selbst sagen, dass Sie oft missverstanden und bewusst fehlinterpretiert wurden. Wir haben Ihren eigenen Parteifreunden im Bundestag mal zwei Zitate von Ihnen vorgespielt und die Reaktionen will ich Ihnen gerne zeigen.
Björn Höcke bekommt einen ZDF-Beitrag gezeigt: "Ein paar Korrekturen und Reförmchen werden nicht ausreichen, aber die deutsche Unbedingtheit wird der Garant dafür sein, dass wir die Sache gründlich und grundsätzlich anpacken werden. Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen, dann werden die Schutthalden der Moderne beseitigt."
ZDF-Frage in dem Beitrag: Ist das aus „Mein Kampf‟ oder von Herrn Höcke?
Björn Höcke: [lacht]
Antwort im ZDF-Beitrag von Jens Maier (AfD): [lacht] Ja, da werde ich mich jetzt nicht festlegen. [lacht]
ZDF-Frage in dem Beitrag: Könnte von beiden sein?
Antwort im ZDF-Beitrag von Jens Maier (AfD): Wenn, eher aus "Mein Kampf", würde ich sagen, aber nicht von Herrn Höcke.
ZDF-Frage in dem Beitrag: Ist das aus „Mein Kampf‟ oder von Herrn Höcke?
Antwort im ZDF-Beitrag von Kay Gottschalk (AfD): Ich habe weder das eine noch das andere Buch gelesen, insoweit muss ich passen.
Höcke: Schade eigentlich.
ZDF-Frage in dem Beitrag: Aber sagt es nicht schon viel aus, dass Sie das nicht sozusagen beantworten können? Sind die sprachlich sich anscheinend so ähnlich?
Antwort im ZDF-Beitrag von Kay Gottschalk (AfD): Ich weiß jetzt wirklich nicht, aus welchem Buch Sie es haben.
Weitere Antwort im ZDF-Beitrag von Karsten Hilse (AfD): Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe nicht alle Reden gelesen … äh … gesehen, von Herrn Höcke. Ich habe auch „Mein Kampf‟ nicht gelesen. Deswegen weiß ich‘s nicht.
ZDF: Ein zweites Zitat.
Auszug aus ZDF-Beitrag: „Die Sehnsucht der Deutschen nach einer geschichtlichen Figur, welche einst die Wunden im Volk wieder heilt, die Zerrissenheit überwindet und die Dinge in Ordnung bringt, ist tief in unserer Seele verankert.‟
ZDF-Frage in dem Beitrag: Ist das aus „Mein Kampf‟ oder von Herrn Höcke?
Antwort im ZDF-Beitrag von Martin Renner (AfD): Das weiß ich gar nicht. [lacht] Das kann ich Ihnen nicht sagen.
ZDF-Frage in dem Beitrag: Ist das aus „Mein Kampf‟ oder von Herrn Höcke?
Antwort im ZDF-Beitrag von Martin Reichardt (AfD): Also, die Frage werde ich Ihnen nicht beantworten können, weil ich „Mein Kampf‟ nicht gelesen habe. Und ob das von Herrn Höcke ist, weiß ich auch nicht.
Weitere Antwort in dem ZDF-Beitrag von Martin Renner (AfD): Wenn ich jetzt sage, es gefällt mir nicht, dann, wenn es von Höcke ist, dann gefällt mir nicht, dass Höcke das gesagt hat. Und wenn es von dem anderen Herrn, der auch mit H beginnt, ist, dann gefällt mir das schon zweimal nicht. Also von daher, da kann ich eigentlich gar nichts dazu sagen.
ZDF: Genau, Herr Höcke, Ihre eigenen Leute können jetzt da nicht sagen, ob das noch Höcke oder schon Hitler ist. Was sagt das über Ihre Sprache aus?
Björn Höcke: Das sagt vor allen Dingen, dass die meisten mein Buch gar nicht gelesen haben, wie sie ja selbst deutlich artikuliert haben. Und das ist eigentlich schade, weil ich natürlich mit diesem Buch auch etwas bezweckt haben wollte, mein Denken niederlegen wollte, eine Analyse der Lage dieses Landes anfertigen, so wie ich die Lage eben sehe. Und natürlich ist dieses Buch, sagen wir, für einen Politiker etwas Ungewöhnliches, sowohl was die Inhalte angeht, also auch die historische Perspektive, und auch die Sprache, auch die philosophischen Einlassungen usw.
Dazu hat heutzutage kaum noch ein Politiker den Mut, und das ist etwas, was ich als Verkürzung empfinde. Und ich finde es gut, wenn wir wieder Politiker haben, die auch den Mut haben, sich originell zu äußern und vielleicht auch eine Sprache verwenden, die manchmal vielleicht etwas zu sehr ins Poetische geht, auch das muss zulässig sein. Das darf nicht alles glatt geschmirgelt sein und einem zeitgeistigen Formalismus unterworfen sein und dann noch moralisiert werden. Das geht nicht. Das widerspricht meinem Gefühl von Freiheit, die ich auch leben möchte. Und ich glaube, das ist auch, was die meisten Menschen im Land gern wieder leben wollen. Freiheit.
ZDF: Es geht nicht um poet... ob‘s poetisch ist, sondern ob das an NS-Terminologie erinnert. Sie sind ja Geschichtslehrer. Wir dürfen ja annehmen, dass die Überschneidungen mit NS-Terminologie, die Ihre Parteifreunde ja offensichtlich feststellen, dass die kein Zufall sein können.
Höcke: Also, dieses permanente Rekurrieren auf den NS ist etwas abwegig in dem Zusammenhang, muss man sagen. Ja, was ist alles NS? Wer definiert, was NS ist? Ich glaube nicht, dass es eine allgemein gültige Definition dessen gibt, was NS-Diktion, was NS-Sprache ist, ja. Also die deutsche Sprache hat sich sicherlich in den letzten 75 Jahren auch weiter entwickelt. Nicht immer zum Guten weiter entwickelt, muss ich auch sagen, wenn ich an das Denglische beispielsweise denke. Aber ich glaube keiner, der einen gewissen, auch wissenschaftlichen Anspruch hat, würde sich zutrauen, zu sagen, das ist jetzt NS-Sprache oder das ist die Sprache der Romantik oder das ist die Sprache der Aufklärung. Das wäre vermessen.
ZDF: Es gibt ja zahlreiche Beispiele, auch aus den letzten Jahren. "Keimzelle des Volkes" haben Sie verwendet. Das hat Hitler öfter in seinen Reden übernommen, hat Hitler öfter verwendet. "Entartet" ist so ein Begriff, "Volksverderber" und dieses AfD-interne Gutachten vor zweieinhalb Jahren - da wurden ja auch "Wesensverwandtschaften mit dem Nationalsozialismus" festgestellt. Sind das alles Zufälle? Sie sind Geschichtslehrer ...
Höcke: Nein, das sind nicht alles … das sind also insofern Zufälle, als dass sie nicht auf irgendeinen Zeitraum festzuzurren sind. Also alle die Begriffe, die Sie gerade jetzt hier genannt haben, gab es davor genauso wie danach, in den verschiedenen Fachbereichen. Wenn Sie Biologie sich ein bisschen zu Gemüte geführt haben, was Sie bestimmt in der Schule getan haben, dann werden Sie sicherlich in der Molekularbiologie bzw. Zytologie auch mit dem Begriff der Entartung konfrontiert worden sein. Von daher sind das alles Kampfbegriffe, die von einem politisch-medialen Establishment so definiert werden und damit – ja – dem Sprachgebrauch entzogen werden sollen, um ein politisches Ziel zu erreichen. Und das geht nicht.
ZDF: Aber wenn ich kurz dazwischen …
Höcke: Lassen Sie mich bitte das noch ausführen. Wir haben eine Tendenz in diesem Lande, die Sprach- und Meinungskorridore immer weiter zu verengen. Und das tut unserer Demokratie nicht gut. Wenn 70 Prozent, über 70 Prozent der Bundesbürger in aktuellen Umfragen sagen, dass sie gewisse Themen in der Öffentlichkeit aus Sorge vor negativen Konsequenzen nicht mehr ansprechen, dann ist was faul in diesem Lande und was faul mit unserer Demokratie. Und das darf nicht sein.
ZDF: Es sind ja nicht politische Gegner, sondern wir haben eben Parteifreunde gehört, die Zitate aus Ihrem Buch, mehrere Parteifreunde von Ihnen, nicht zuordnen konnten, ob das "Mein Kampf" war oder von Ihnen. Und wir haben ein Gutachten, was von der damaligen … vom damaligen Bundesvorstand … Aber Sie wissen z.B. Frau Weidel ist heute Fraktionsvorsitzende und war damals eine der Antreiberinnen. Also warum auch aus der eigenen Partei immer wieder dieser Vorwurf?
Höcke: Also, Sie kennen ja den Begriff des Feindzeugen, ja, und eine Partei ist leider kein Kindergarten, sondern eben auch ein System, in dem Machtpolitik betrieben wird. Warum, wieso motiviert – das ist ganz unterschiedlich. Und dass es damals einen Bundesvorstand oder eine Bundesvorsitzende gab, die mich persönlich – also die Bundesvorsitzende – zu ihrem Lieblingsfeind erklärt hat und entsprechend auch traktiert hat, als Bundesvorsitzende, ich glaube, das ist ein offenes Geheimnis. (Anmerkung der Redaktion: Björn Höcke meint Frauke Petry)
Und dass der eine oder andere Parteifreund – leider – sich auch zum Feindzeugen gemacht hat, indem er in, ja, in unanständiger Art und Weise, zumindestens nicht zum Vorteil der Partei, sondern zum Vorteil des politischen Gegners, die Argumente des politischen Gegners für den innerparteilichen Kampf gebraucht und missbraucht, das beklage ich sehr und das bedauere ich sehr, weil ich das selbst noch nie gemacht habe.
ZDF: "Feindzeuge" wäre jetzt auch wieder ein Begriff, über den man vielleicht reden könnte.
Höcke: Kommt der etwa auch aus der …? Nein.
ZDF: Das ist kein Begriff, den viele Demokraten verwenden. Ich möchte aber auf was anderes hinaus. Ihnen ist das ja bewusst, dass diese Begriffe vielleicht kontaminiert sind oder eine gewisse Bedeutung haben. Sie spielen damit. Zum Beispiel, Sie erinnern sich bestimmt an das Hermann-Treffen letztes Jahr. Da haben Sie eine Rede gehalten und haben davon gesprochen, von "Siedlungs- und Lebensraum" und dann haben Sie so‘ne Pause gemacht und haben gegrinst und haben gesagt "Oh, jetzt habe ich Lebensraum gesagt."
Das heißt, Ihnen ist ja bewusst, dass dieser Begriff … Ich meine "Lebensraum", Sie wissen das als Geschichtslehrer, "Lebensraum im Osten" war Zentralbegriff der nationalsozialistischen Expansionsideologie, die den Vernichtungskrieg auf die Sowjetunion mit gerechtfertigt hat. Also Ihnen ist ja bewusst, dass dieser Begriff eine Geschichte hat, deswegen machen Sie ja diese Pause und lachen. Warum machen Sie das?
Höcke: Sie haben doch gerade eine rhetorische Frage gestellt. Sie haben die Antwort doch schon gegeben. Als Sie die Szene beschrieben …
ZDF: Genau. Ich frage Sie …
Höcke: … auf dem Hermanns-Treffen. Lassen Sie mich kurz ausführen ... Habe ich diese Pause gemacht, weil diese Stellenmarkierer, die nur unterwegs sind, in dieser Zeit und dieser Republik, um irgendwie etwas zu kontaminieren, was angeblich nicht mehr sagbar ist, das sind doch die, die diese Demokratie beschädigen, mit ihrer Art und Weise Politik zu betreiben, über die Begriffsdefinition, über den Versuch Begriffsherrschaft auszuüben. Ja. Und das ist ein Teil dessen, was wir – auch als AfDler – die Herrschaft der politischen Korrektheit nennen.
Und dieses Land leidet unter der Herrschaft der politischen Korrektheit. Es gibt gewisse Politikfelder, die man nur mit größter Vorsicht betreten kann. Ich nenne hier das Thema Einwanderung, das Thema Islam beispielsweise oder allein das Thema Familienpolitik. Wenn man zum Beispiel eine aktive Familienpolitik favorisiert, und das tun wir als AfD, weil wir seit 40 Jahren zu wenig Kinder in Deutschland auf die Welt bringen, bzw. die Menschen in Deutschland zu wenig Kinder haben, dann wird man ganz schnell in die Familienförderpolitik der Nationalsozialisten eingereiht.
Wie absurd ist denn das? Ja? Es geht darum, dass wir eine realistische Lageanalyse machen und dass wir mit einer ergebnisoffenen und tabufreien Diskussion endlich mal die Frage klären, wie wir in Deutschland gemeinsam in Zukunft leben wollen. Und da ist es nicht gut … Da sind wir nicht gut beraten, wenn wir von vornherein gewisse Begriffe und gewisse Meinungen ausschließen.
ZDF: Also, Begriffe wie "Lebensraum im Osten", auf dem, wie gesagt, ein Vernichtungskrieg gegründet war, sagen Sie, damit muss man locker umgehen, damit muss man … Das darf sozusagen nicht verboten sein, da kalkuliert mit umzugehen. Lassen Sie mich zu was anderem kommen.
Höcke: Ich habe doch nicht von Lebensraum … nein stopp, ich habe doch nicht von "Lebensraum im Osten" geredet.
ZDF: Sie haben von Lebensraum geredet. Und Sie machen …
Höcke: Ja, das ist doch … ein Lebensraum. Entschuldigung …
ZDF: Sie machen …
Höcke: … ich habe im Plenum gerade jetzt einen Tagesordnungspunkt, da geht es um Lebensräume, beispielsweise, da geht es um Naturschutzräume. Da wird auch von Lebensraum von Rotmilanen gesprochen. Da können Sie in jeder Landtagsrede in dieser Republik, die vielleicht heute gehalten wird, diesen Begriff finden, wenn Sie ihn suchen würden. Das ist nicht exklusiv von Björn Höcke oder wird nicht exklusiv von Björn Höcke gebraucht. Das ist leider eine ziemlich absurde Unterstellung.
ZDF: Ich halte fest, Sie haben diese Pause selber in dieser Rede gemacht und deswegen damit gespielt. Aber lassen Sie uns zu was anderem kommen – zu Ihrem Demokratieverständnis.
Höcke: Gerne.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Darf ich mal kurz unterbrechen?
ZDF: Wir sind gleich durch, ja?
AfD-Sprecher (aus dem Off): Deswegen. Ich würde sagen, das sollten wir einfach noch mal wiederholen. Das geht so nicht. Das geht so nicht. Sie haben jetzt Herrn Höcke mit Fragen konfrontiert, die ihn stark emotionalisiert haben und diese Emotionen möchte … glaube ich, sollte man so nicht im Fernsehen bringen. Man sollte es noch mal von vorne machen. Er weiß dann ungefähr, zu welchen Fragen er sich äußern muss. Und dann kann er in Ruhe …
ZDF: Aber, Herr Lachmann, Sie wissen doch, das machen wir nie. (Anmerkung der Redaktion: Gemeint ist der AfD-Sprecher, der während des Interviews im Raum ist)
AfD-Sprecher (aus dem Off): Das geht nicht. Das geht so nicht. Das war kein Interview, auf das er so … [unverständlich]
Höcke: Ja. Auch der Einspieler am Anfang. Das fand ich nicht … nicht wirklich redlich.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Also wenn Sie‘s noch mal so machen wollen, dann...
Höcke: Ja.
ZDF: Nee, wir machen das bestimmt nicht noch mal. Aber das wissen Sie auch, Herr Lachmann.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Dann geb‘ ich's nicht frei in dieser Form. Geht nicht.
Höcke: Ja … Machen Sie das …? Haben Sie das schon mal mit einem anderen Kollegen gemacht, von allen Parteien?
ZDF: Natürlich machen wir das mit anderen Kollegen.
Höcke: Nein. Das ist völlig … vollkommen absurd.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Da hätten wir vorher mal drüber reden sollen, dass...
ZDF: Nein wir hatten … Herr, wir hatten besprochen …
AfD-Sprecher (aus dem Off): Nein, das war nicht angekündigt. Diese Themen waren nicht angekündigt.
Höcke: Nein, es ging um Landtags... Also Sie haben mir gesagt (Anmerkung der Redaktion: Höcke zeigt auf seinen Sprecher), es geht um Landtagswahlen und es geht vor allen Dingen um den Wahlkampf. Es geht um Wahlprogramm. Vielleicht auch mal ein kurzer Rekurs auf das Flügeltreffen. Das hat mir Herr Lachmann tatsächlich im Vorfeld gesagt. Und darauf muss ich mich tatsächlich verlassen können.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Nein, das Interview wird so nicht stattfinden. Das wird so nicht freigegeben.
ZDF: Herr Lachmann, das Interview hatten wir besprochen. Ich hatte gesagt, es geht nicht um Thüringen. Es geht um die bundespolitische Bedeutung von Herrn Höcke. Es geht um seine Sprache und sein Politikverständnis. Und da sind wir gerade dabei.
Höcke: Dann habe ich was anderes im Vorfeld …
AfD-Sprecher (aus dem Off): Es geht um die bundespolitische Bedeutung vor dem Hintergrund der Landtagswahlen. Natürlich werden wir dann nicht über landesspezifische Themen sprechen, haben Sie gesagt. Da habe ich gesagt, das ist klar. Aber dass wir jetzt nur über seine Sprache gesprochen haben ...
ZDF: Wir sind gerade dabei, auf das Demokratieverständnis zu kommen. Er hatte ja schon "gerne" gesagt.
Höcke: Zehn oder zwölf Minuten.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Das hätten wir vorher mal besser besprechen müssen. Das haben wir nicht getan.
Höcke: Also das … Ich find‘s auch … Das ist nicht seriös. Also ich bin auch gerne bereit, unangenehme Fragen zu beantworten, aber das … das geht so nicht. Wissen Sie, wir leben doch in einer Lage, die sowieso schon polarisiert ist. Wollen Sie jetzt wirklich so ein Ding noch raus hauen? Ich meine, Sie sind doch als öffentlich-rechtlicher Sender auch stark in der Kritik. Sie spüren doch, wie grad in diesem Land auch was erodiert. Und wenn Sie jetzt dieses Spiel weiterspielen …
ZDF: Ich spiele kein Spiel weiter, Herr Höcke …
Höcke: Doch.
ZDF: Ich habe Ihnen Zitate von Ihnen selber … hatte ich Ihre Parteifreunde. Das geht …
AfD-Sprecher (aus dem Off): Es geht nicht um die Fragen …
Höcke: Es geht darum, ich bin ein Spitzenpolitiker einer Partei … [Stimmengewirr]
ZDF: Ich bin jetzt sechs Jahre in politischen Berichten. Ich habe noch nie ein Interview fürs Fernsehen wiederholt, weil irgendwann es hieß, es läuft nicht entsprechend, wie wir uns das vorstellen.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Es geht nicht darum.
ZDF: Nee, tut mir leid. Wenn Sie das hier beenden wollen, dann beenden wir das an dieser Stelle.
Höcke: Passen Sie auf, dann haben wir ein manifestes Problem und dann wird das entsprechende Konsequenzen haben. Ich kann Ihnen sagen, dass das massive Konsequenzen hat.
ZDF: Inwiefern denn?
Höcke: In der Vertrauens … vertraulichen Zusammenarbeit zwischen Politiker und Journalist. Es geht doch darum, und das spüren Sie doch auch, dass wir mittlerweile in einem Stadium angekommen sind, wo Politiker und Journalisten nicht mehr offen miteinander reden können, weil man das Gefühl hat, als Politiker – ich rede jetzt mal als AfD-Politiker – dass der Journalist nicht mehr neutral ist, sondern, dass er irgendwie einen politischen Auftrag exekutiert.
Ein Bild, das irgendwie mal gezeichnet worden ist, in diesem Falle zu perpetuieren. Und das ist einfach nicht redlich. Das ist nicht redlich. Ich habe mich auf die Vorgaben von Herrn Lachmann verlassen. Es war eindeutig definiert, so jedenfalls Herr Lachmann zu mir, dass wir in erster Linie über den Wahlkampf reden, dass wir – wir haben gerade ein Landtagswahlprogramm von hundert Seiten verabschiedet. Ich bin Spitzenkandidat der AfD hier in Thüringen. Ich habe einige Aussagen zu machen, auch zur Landespolitik, die natürlich auch eine bundespolitische Ebene immer haben, das ist gar keine Frage. Das können wir auch gerne verknüpfen.
Aber dass wir jetzt hier auch Sprachanalyse zu sprechen kommen, und zwar jetzt schon länger als zehn Minuten, wo Sie mir sagten, dass das Ganze zehn Minuten oder zwölf Minuten dauert, das ist eben keine, das ist keine Verabredung. Ein bisschen Verabredung muss man doch haben, um sich einsortieren zu können, auch gedanklich. Wissen Sie? Ich komme gerade aus einer fünfstündigen Gerichtsverhandlung, die ziemlich anspruchsvoll war. Das war rechtsphilosophisch, rechtstheoretisch sehr interessant aber auch sehr … Man musste dabei sein.
So. Ich habe diesen Termin deswegen im Anschluss an diese Verhandlung gesetzt, weil ich mittlerweile so professionell bin, dass ich weiß, wenn ich einen Input von meinem Presseleiter kriege, dass ich mich gedanklich umstelle, sortieren kann, und mich dann entsprechend auch für ein Interview, das zehn oder zwölf Minuten dauert, auch danach noch präparieren kann. Wenn ich aber weiß, dass ich wieder in so 'ne typische Verhörsituation rein gesetzt werde, dann kann ich das auch gerne mal machen. Aber dann möchte ich das gern machen, wenn ich nicht gerade fünf Stunden Verfassungsgerichtsverhandlung hinter mir habe. Wissen Sie, und das ist so dieser Kontext, den Sie ja auch als Journalist erkennen müssen, ja, und der für Sie ja vielleicht auch von Interesse ist.
ZDF: Das ist keine Verhörsituation, das ist ein Interview.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Es geht doch nur darum … [unverständlich].
ZDF: Und es geht darum, dass ich die Fragen …
AfD-Sprecher (aus dem Off): … darum gebeten, jetzt lassen Sie mich mal aussprechen. Der Herr Höcke kommt gerade, wie gesagt, aus einer fünfstündigen Gerichtsverhandlung. Er ist auf diese Fragen, auf diese Form des Interviews nicht vorbereitet gewesen. Er weiß aber jetzt, was auf ihn zukommt. Lassen Sie uns das Ganze einfach noch mal starten. Es geht nicht darum, dass Sie Ihre Fragen nicht stellen dürfen. Sie können Ihre Fragen stellen, aber … Er war darauf nicht vorbereitet und ich bitte einfach nur darum, dass er … indem er sich jetzt einfach seelisch und geistig noch mal drauf vorbereiten kann, wir das Ding … Oder dass Sie Ihre Fragen noch mal stellen. Weil das … die Reaktionen waren einfach … so, wie sie sein müssen, wenn man auf etwas überhaupt nicht vorbereitet ist. Und das ist einfach nicht fair in dieser Frage, in dieser Situation.
ZDF: Ich kann Ihnen definitiv sagen, wir werden es nicht noch mal machen.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Ja, dann lassen Sie‘s.
ZDF: Da kommen wir jetzt auch in den sensiblen Bereich der Pressefreiheit rein, in dem Moment, wo ich die Fragen so oft stellen soll, bis Sie mit den Antworten zufrieden sind.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Ich bin nicht mit den Antworten … Es geht nicht um die Antworten. Sie haben doch gesehen, dass er stark emotionalisiert war, dass er darauf nicht vorbereitet war. Und da bitte ich einfach nur um Verständnis, dass man dann einfach, wenn er aus so 'ner Verhandlung kommt … und jetzt sagen wir, okay, beruhige dich, wir machen‘s noch mal. Wo ist das Problem?
Höcke: Wir hätten doch eigentlich mit schönen Sachfragen zur Landespolitik einsteigen können und Sie hätten die Fragen dann am Ende, wenn wir am Laufen waren nochmal vielleicht stellen dürfen. Aber direkt wieder dieses … oah … diese alte Chose. Ich kann‘s auch nicht mehr hören. Leute, ich kann‘s nicht mehr hören.
AfD-Sprecher (aus dem Off) : Hier geht‘s ja nicht um die Fragen. Sie haben alles Recht. Sie können fragen, was Sie wollen. Nur, dass die Situation einfach … für ihn. Das war nicht fair.
ZDF: Meiner Meinung nach ist es fair, dass wenn wir ein Interview über bundespolitische Themen ankündigen, ich Ihnen sogar am Telefon sage, es wird auch um die Sprache und das Politikverständnis gehen und ich dann dazu frage.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Klar. Auch.
ZDF: Ja, und jetzt würde ich zu …
AfD-Sprecher (aus dem Off): Jetzt haben wir aber nur darüber gesprochen.
ZDF: Hätte ich. Jetzt können wir entscheiden, ob wir das Interview jetzt beenden oder wir‘s weiter an der Stelle führen.
Höcke: Passen Sie auf. Wir beenden das Interview, nur, dann ist klar … Wir wissen nicht, was kommt … Dann ist klar, dass es mit mir kein Interview mehr für Sie geben wird.
ZDF: Ist das eine Drohung?
Höcke: Nein. Das ist nur eine Aussage, weil ich auch nur ein Mensch bin. Ich bin auch nur ein Mensch, verstehen Sie?
ZDF: Und was könnte kommen? Wenn Sie sagen, wir wissen nicht, was kommt.
Höcke: Vielleicht werde ich auch mal eine interessante persönliche, politische Person in diesem Lande. Könnte doch sein.
ZDF: Gut, Herr Höcke.
Höcke: Dann machen wir das so. Alles klar. Dann wünsche ich Ihnen noch viel Erfolg in Ihrer Karriere. Tschüss.
AfD-Sprecher (aus dem Off): Das Interview wird nicht verwendet. Oder?
ZDF: Natürlich wird das Interview verwendet.
Das Interview führte David Gebhard am 11. September 2019 für die ZDF-Sendung "Berlin direkt"
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